01.09.2023 - * / In Kraft
01.05.2013 - 31.08.2023
01.08.2008 - 30.04.2013
01.01.2007 - 31.07.2008
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1

Bundesgesetz
über die Archivierung
(Archivierungsgesetz, BGA)
vom 26. Juni 1998 (Stand am 22. Juli 2003) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 85 Ziffer 1 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 26. Februar 19972, beschliesst:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Zweck und Geltungsbereich 1 Dieses Gesetz regelt die Archivierung von Unterlagen: a.

der Bundesversammlung; b.

des Bundesrates, der Bundesverwaltung nach Artikel 2 des Regierungs- und
Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19973 und der Formationen der Armee; c.

der schweizerischen diplomatischen und konsularischen Vertretungen im
Ausland;

d.4 des Bundesstrafgerichts sowie der eidgenössischen Rekurs- und Schiedskommissionen;

e.

der autonomen Anstalten des Bundes; f.

der Schweizerischen Nationalbank; g.

der ausserparlamentarischen Kommissionen; h.

weiterer Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, soweit sie ihnen
übertragene Vollzugsaufgaben des Bundes erfüllen, mit Ausnahme der
Kantone;

i.

aufgelöster Bundesstellen.

2 Dieses Gesetz gilt ferner für die Benutzung von Archivgut des Bundes durch
Organe des Bundes und durch Dritte.

AS 1999 2243 1

SR 101

2

BBl 1997 II 941 3

SR 172.010

4

Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Strafgerichtsgesetzes vom 4. Okt. 2002, in Kraft seit
1. Aug. 2003 (SR 173.71).

152.1

Grundrechte

2

152.1

3 Das Bundesgericht und das Eidgenössische Versicherungsgericht regeln die Archivierung ihrer Unterlagen nach den Grundsätzen dieses Gesetzes und nach Anhörung
des Schweizerischen Bundesarchivs (Bundesarchiv).


Art. 2

Grundsatz

1 Rechtlich, politisch, wirtschaftlich, historisch, sozial oder kulturell wertvolle
Unterlagen des Bundes werden archiviert.

2 Die Archivierung leistet einen Beitrag zur Rechtssicherheit sowie zur kontinuierlichen und rationellen Verwaltungsführung. Sie schafft insbesondere Voraussetzungen für die historische und sozialwissenschaftliche Forschung.


Art. 3

Begriffe

1 Unterlagen im Sinne dieses Gesetzes sind alle aufgezeichneten Informationen,
unabhängig vom Informationsträger, welche bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben
des Bundes empfangen oder erstellt worden sind, sowie alle Hilfsmittel und ergänzenden Daten, die für das Verständnis dieser Informationen und deren Nutzung
notwendig sind.

2 Als Archivgut gelten Unterlagen, die vom Bundesarchiv zur Aufbewahrung übernommen worden sind oder von anderen Stellen nach den Grundsätzen dieses Gesetzes selbständig archiviert werden.

3 Archivwürdig sind Unterlagen, die von juristischer oder administrativer Bedeutung
sind oder einen grossen Informationswert haben.

2. Abschnitt: Sicherung der Unterlagen

Art. 4

Zuständigkeiten für die Archivierung 1 Das Bundesarchiv archiviert die Unterlagen des Bundes.

2 Die Archivierung von Unterlagen der Kantone, welche beim Vollzug von Bundesaufgaben entstehen, liegt in der Zuständigkeit der Kantone, soweit ein Bundesgesetz
nichts anderes vorschreibt.

3 Die Schweizerische Nationalbank sowie die vom Bundesrat bezeichneten autonomen Anstalten sorgen selber für eine Archivierung ihrer Unterlagen nach den
Grundsätzen dieses Gesetzes.

4 Das Bundesstrafgericht und die eidgenössischen Rekurs- und Schiedskommissionen bieten ihre Unterlagen dem Bundesarchiv zur Übernahme an, sofern sie nicht
selbstständig nach den Grundsätzen dieses Gesetzes für die Archivierung sorgen
können.5

5 Fassung

gemäss Anhang Ziff. 2 des Strafgerichtsgesetzes vom 4. Okt. 2002, in Kraft seit 1. Aug. 2003 (SR 173.71).

Archivierungsgesetz 3

152.1

5 Weitere Personen des öffentlichen oder privaten Rechts sorgen, soweit sie ihnen
übertragene Vollzugsaufgaben des Bundes erfüllen, selbständig für die Archivierung
ihrer diesbezüglichen Unterlagen nach den Grundsätzen dieses Gesetzes oder bieten
diese dem Bundesarchiv zur Übernahme an. Der Bundesrat erlässt eine entsprechende Verordnung.


Art. 5

Informationsverwaltung und Aktenführung 1 Das Bundesarchiv berät die anbietepflichtigen Stellen bei der Organisation, Verwaltung, Aufbewahrung und Ablieferung ihrer Unterlagen. Es kann diese Dienste
auch anderen Stellen anbieten.

2 Es ist befugt, Registraturen oder Informationsverwaltungsstellen der anbietepflichtigen Stellen zu besichtigen und Erhebungen über den Zustand der dort verwahrten
Unterlagen zu machen.

3 Es erlässt gegenüber den anbietepflichtigen Stellen Weisungen über: a.

die Verwaltung, Aufbewahrung und Ablieferung von Unterlagen; b.

die Bildung und Führung von Parallelarchiven.


Art. 6

Anbietepflicht

Die in Artikel 1 Absatz 1 bezeichneten Stellen oder Personen müssen alle Unterlagen, die sie nicht mehr ständig benötigen, dem Bundesarchiv zur Übernahme
anbieten, soweit sie nicht selbst für deren Archivierung zuständig sind.


Art. 7

Ermittlung der Archivwürdigkeit und Übernahme von Unterlagen 1 Das Bundesarchiv legt in Zusammenarbeit mit den in Artikel 1 Absatz 1 genannten
Stellen fest, ob Unterlagen archivwürdig sind.

2 Unterlagen, die als archivwürdig bezeichnet werden, sind von den anbietepflichtigen Stellen dem Bundesarchiv abzuliefern. Nicht anbietepflichtige Stellen sorgen
selbst für die Archivierung.

3 Das Bundesarchiv kann Unterlagen, die als nichtarchivwürdig bezeichnet werden,
vorübergehend aufbewahren, wenn diese Aufbewahrung vom Bundesrecht vorgeschrieben wird.


Art. 8

Vernichtung von Unterlagen 1 Unterlagen, die unter die Anbietepflicht fallen, dürfen ohne Zustimmung des Bundesarchivs nicht vernichtet werden.

2 Das Bundesarchiv vernichtet keine Unterlagen ohne Zustimmung der abliefernden
Stelle.

Grundrechte

4

152.1

3. Abschnitt: Zugänglichkeit des Archivguts

Art. 9

Grundsatz der freien Einsichtnahme und Schutzfrist 1 Das Archivgut des Bundes steht der Öffentlichkeit nach Ablauf einer Schutzfrist
von 30 Jahren unter Vorbehalt der Artikel 11 und 12 unentgeltlich zur Einsichtnahme zur Verfügung.

2 Unterlagen, welche bereits vor ihrer Ablieferung an das Bundesarchiv öffentlich
zugänglich waren, bleiben auch weiterhin öffentlich zugänglich.


Art. 10

Berechnung der Schutzfrist Die Schutzfrist beginnt in der Regel mit dem Datum des jüngsten Dokuments eines
Geschäftes oder eines Dossiers zu laufen.


Art. 11

Verlängerte Schutzfrist für Personendaten 1 Archivgut, das nach Personennamen erschlossen ist und besonders schützenswerte
Personendaten oder Persönlichkeitsprofile enthält, unterliegt einer Schutzfrist von
50 Jahren, es sei denn, die betroffene Person habe einer Einsichtnahme zugestimmt.

2 Die verlängerte Schutzfrist endet drei Jahre nach dem Tod der betroffenen Person.
Vorbehalten bleibt Artikel 12.

3 Für nicht-personenbezogene Nachforschungen kann die Einsichtnahme während
der verlängerten Schutzfrist vom zuständigen Departement gestattet und durch Auflagen beschränkt werden.


Art. 12

Weitere Beschränkungen der Einsichtnahme 1 Besteht bei bestimmten Kategorien von Archivgut ein überwiegendes schutzwürdiges öffentliches oder privates Interesse gegen die Einsichtnahme durch Dritte, so
kann der Bundesrat in einer Verordnung zeitlich befristet die Einsichtnahme nach
Ablauf der Schutzfrist beschränken oder untersagen.

2 Besteht im Einzelfall bei Archivgut ein überwiegendes schutzwürdiges öffentliches
oder privates Interesse gegen die Einsichtnahme durch Dritte, so kann die abliefernde Stelle oder das Bundesarchiv eine Einsichtnahme nach Ablauf der Schutzfrist
zeitlich befristet beschränken oder untersagen.


Art. 13

Einsichtnahme während der Schutzfrist 1 Die abliefernden Stellen können auf Antrag des Bundesarchivs Archivgut bereits
vor Ablauf der in Artikel 9, 11 oder 12 Absatz 1 festgelegten Schutzfristen für die
Öffentlichkeit freigeben oder einzelnen Personen die Einsichtnahme gewähren,
wenn:

a.

keine gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen; und b.

keine überwiegenden schutzwürdigen öffentlichen oder privaten Interessen
entgegenstehen.

Archivierungsgesetz 5

152.1

2 Solche Bewilligungen gelten unter gleichen Bedingungen für alle Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller.

3 In der Bewilligung wird der Umfang der Einsichtnahme bestimmt. Die Einsichtnahme kann mit Auflagen und Bedingungen verknüpft werden; insbesondere kann
die Anonymisierung von Personendaten verlangt werden.

4 Der Bundesrat regelt die Einzelheiten des Bewilligungsverfahrens und die Bedingungen der Einsichtnahme, soweit nicht die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts anwendbar sind.


Art. 14

Einsichtnahme durch die abliefernden Stellen 1 Die abliefernden Stellen können auch während der Schutzfrist in die von ihnen
abgelieferten Unterlagen Einsicht nehmen.

2 Bei Personendaten können die abliefernden Stellen während der Schutzfrist in die
von ihnen abgelieferten Unterlagen Einsicht nehmen, wenn sie diese benötigen: a.

als Beweismittel;

b.

für Gesetzgebung oder Rechtsprechung; c.

für die Auswertung zu statistischen Zwecken; oder d.

für einen Entscheid über die Gewährung, Beschränkung oder Verweigerung
des Einsichts- oder Auskunftsrechtes der betroffenen Person.

3 Einschränkungen aufgrund anderer gesetzlicher Regelungen bleiben vorbehalten.

4 Das Archivgut darf nicht mehr verändert werden.


Art. 15

Auskunft an betroffene Personen; Bestreitungsvermerk 1 Die Auskunfterteilung und Einsichtgewährung an die betroffenen Personen richten
sich nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 19. Juni 19926 über den
Datenschutz. Auskunftverweigerungen werden durch die abliefernden Stellen verfügt.

2 Das Bundesarchiv kann zudem die Auskunfterteilung aufschieben oder einschränken, wenn sie mit einer rationellen Verwaltungsführung nicht vereinbar ist.

3 Die betroffenen Personen können keine Vernichtung oder Berichtigung von Daten
verlangen, sondern lediglich deren strittigen oder unrichtigen Charakter vermerken
lassen.


Art. 16

Einsichtnahme in Nachlässe und Depositen 1 Die Einsichtnahme in Nachlässe oder Depositen von natürlichen oder juristischen
Personen richtet sich nach den Bestimmungen der Übernahmeverträge.

2 Fehlen solche Bestimmungen, so gelten diejenigen für das Archivgut des Bundes.

6

SR 235.1

Grundrechte

6

152.1

4. Abschnitt: Organisation und Benutzung

Art. 17

Weitere Aufgaben des Bundesarchivs 1 Das Bundesarchiv verwahrt die historischen Archive der Helvetik, der Mediation
und der Tagsatzungsperiode.

2 Es setzt sich ein für die Sicherung von Archiven und Nachlässen von Personen des
privaten oder öffentlichen Rechts von gesamtschweizerischer Bedeutung. Es kann
zur Übernahme solcher Archive Verträge abschliessen.

3 Es sorgt für die sichere und sachgemässe Aufbewahrung, Erschliessung und Vermittlung des Archivguts und beteiligt sich an dessen Auswertung.

4 Das Bundesarchiv arbeitet mit den Dienststellen des Bundes, den Kantonen und
mit Privaten zusammen. Es setzt sich ein für die Förderung des Archivwesens. Es
arbeitet mit nationalen und internationalen Archiv-Organisationen zusammen.


Art. 18

Besondere Dienstleistungen 1 Der Bundesrat kann das Bundesarchiv im Rahmen eines Leistungsauftrages
ermächtigen, in seinem Aufgabenbereich einzelne besondere Dienstleistungen, insbesondere Restaurierungs- und Konservierungsarbeiten sowie Beratungen im
Bereich der Informationsverwaltung an Dritte zu erbringen. Diese Dienstleistungen
werden privatrechtlich vereinbart.

2 Solche Dienstleistungen dürfen als Nebentätigkeiten bei der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben erbracht und nicht unter den Gestehungskosten angeboten werden.


Art. 19

Gewerbliche Nutzung des Archivguts 1 Die Nutzung des Archivguts zu gewerblichen Zwecken bedarf einer Bewilligung.

2 Die Bewilligung kann von einer vertraglichen Regelung des Nutzungsumfanges
und der allfälligen Gewinnbeteiligung des Bundes abhängig gemacht werden.

3 Der Bundesrat regelt Voraussetzungen, Verfahren und Zuständigkeiten für Bewilligung und Vertragsschliessung zur gewerblichen Nutzung des Archivguts.


Art. 20

Unveräusserlichkeit und Unersitzbarkeit 1 Das Archivgut des Bundes ist unveräusserlich. Der Bundesrat kann durch Verordnung Ausnahmen vorsehen.

2 Dritte können das Archivgut auch durch Ersitzung nicht erwerben.


Art. 21

Benutzungsordnung; administrative Massnahmen Das Bundesarchiv erlässt eine Benutzungsordnung. Darin kann es insbesondere vorsehen, dass Personen, die in schwerwiegender Weise gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes oder gegen die Benutzungsordnung verstossen haben, der Zugang zum
Bundesarchiv verweigert wird.

Archivierungsgesetz 7

152.1


Art. 22

Belegexemplare

Von allen Arbeiten und Publikationen, die ganz oder teilweise auf Archivgut des
Bundesarchivs beruhen, ist diesem unentgeltlich ein Belegexemplar abzugeben.

5. Abschnitt: Strafbestimmung

Art. 23

Wer Informationen aus Archivgut offenbart, das der Schutzfrist unterliegt oder auf
andere Weise ausdrücklich der Veröffentlichung entzogen ist, wird mit Haft oder
Busse bestraft, sofern nicht ein schwererer Straftatbestand erfüllt ist.

6. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 24

Vollzug

1 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.

2 Er regelt die Ablieferung und Archivierung von Dienstakten von Personen, die
zum Bund in einem privatrechtlichen Auftragsverhältnis stehen.


Art. 25


Änderung bisherigen Rechts Das Bundesgesetz vom 19. Juni 19927 über den Datenschutz wird wie folgt geändert: Art. 36
Abs. 2
Aufgehoben


Art. 26

Übergangsbestimmung

1 Nach Ablauf der Geltungsdauer des Bundesbeschlusses vom 9. Oktober 19928
über die Einsicht in Akten der Bundesanwaltschaft finden für dessen Geltungsbereich die Bestimmungen dieses Gesetzes Anwendung.

2 Die Unterlagen gemäss dem Bundesbeschluss bleiben während 50 Jahren ab dem
Datum des jüngsten Dokuments eines Geschäftes oder eines Dossiers für die Einsichtnahme durch die Verwaltung gesperrt.

7

SR 235.1

8

[AS 1993 375]

Grundrechte

8

152.1


Art. 27

Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Datum des Inkrafttretens: 1. Oktober 19999 9

BRB vom 8. Sept. 1999 (AS 1999 2250)