01.01.2024 - * / In Kraft
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1

Bundesgesetz
über die minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen
für in die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer und flankierende Massnahmen
(Bundesgesetz über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer)

vom 8. Oktober 1999 (Stand am 3. Juni 2003) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 110 Absatz 1 Buchstaben a und b der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 23. Juni 19992, beschliesst:


Art. 1

Gegenstand

1 Dieses Gesetz regelt die minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ein Arbeitgeber mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland
in die Schweiz entsendet, damit sie hier für einen bestimmten Zeitraum: a.

auf seine Rechnung und unter seiner Leitung im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zwischen ihm und dem Leistungsempfänger eine Arbeitsleistung
erbringen;

b.

in einer Niederlassung oder einem Betrieb arbeiten, der zur Unternehmensgruppe des Arbeitgebers gehört.

2 Der Begriff der Arbeitnehmerin und des Arbeitnehmers bestimmt sich nach
schweizerischem Recht (Art. 319 ff. Obligationenrecht, OR3).


Art. 2

Minimale Arbeits- und Lohnbedingungen 1 Die Arbeitgeber müssen den entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
mindestens die Arbeits- und Lohnbedingungen garantieren, die in Bundesgesetzen,
Verordnungen des Bundesrates, allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen und Normalarbeitsverträgen im Sinne von Artikel 360a OR4 in den folgenden
Bereichen vorgeschrieben sind: a.

die minimale Entlöhnung; b.

Arbeits- und Ruhezeit; c.

Mindestdauer der Ferien; AS 2003 1370

1 SR

101

2

BBl 1999 6128 3

SR 220

4

SR 220

823.20

Arbeitsmarkt und Arbeitsbeschaffung 2

823.20

d.

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz; e.

Schutz von Schwangeren, Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen; f.

Nichtdiskriminierung, namentlich Gleichbehandlung von Frau und Mann.

2 Sind im Zusammenhang mit der Gewährung von Ferienansprüchen und Kinderzulagen Beiträge an Ausgleichskassen oder vergleichbare Einrichtungen durch allgemein verbindliche Gesamtarbeitsverträge vorgesehen, so gelten diese Bestimmungen auch für Arbeitgeber, welche Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, sofern
das Land, in dem der Entsender seinen Sitz hat, eine gleiche Regelung kennt. Diese
Bestimmung gilt nicht, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass er Beiträge an eine
solche Einrichtung im Staat seines Sitzes leistet.

3 Die im Zusammenhang mit der Entsendung gewährten Entschädigungen gelten als
Lohnbestandteil, sofern sie keinen Ersatz für tatsächlich getätigte Aufwendungen
wie solche für Reise, Verpflegung und Unterkunft darstellen.

4 Die minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen müssen für die ganze Dauer des
Einsatzes eingehalten werden.

5 Der Bundesrat kann Bestimmungen erlassen, wonach der ausländische Arbeitgeber
nachweisen muss, dass er die Sozialabgaben entrichtet.


Art. 3

Unterkunft

Der Arbeitgeber muss den entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine
Unterkunft garantieren, die dem üblichen Standard bezüglich Hygiene und Komfort
genügt. Die Abzüge für Unterkunft und Verpflegung dürfen das ortsübliche Mass
nicht übersteigen.


Art. 4

Ausnahmen

1 Die Mindestvorschriften für die Entlöhnung und die Ferien gelten nicht für: a.

Arbeiten von geringem Umfang; b.

Montage oder erstmaligen Einbau, wenn die Arbeiten weniger als acht Tage
dauern und Bestandteil eines Warenlieferungsvertrages bilden.

2 Der Bundesrat legt die Kriterien zur Bestimmung der Arbeiten nach Absatz 1 fest.
Der Umfang bemisst sich nach Art, Dauer und Häufigkeit der Einsätze sowie Zahl
der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

3 Die Bereiche des Bauhaupt- und des Baunebengewerbes sowie des Hotel- und
Gastgewerbes sind von Absatz 1 ausgenommen. Der Bundesrat kann weitere Branchen von Absatz 1 ausnehmen.


Art. 5

Subunternehmer

1 Werden die Arbeiten von Subunternehmern mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland
ausgeführt, so muss der Erstunternehmer, wie beispielsweise Total-, General- oder
Hauptunternehmer, die Subunternehmer vertraglich verpflichten, dieses Gesetz einzuhalten.

In die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - BG 3

823.20

2 Fehlt eine solche Verpflichtung, so kann der Erstunternehmer für Verstösse von
Subunternehmern gegen dieses Gesetz mit den Sanktionen nach Artikel 9 belegt
werden; der Erstunternehmer haftet zudem zivilrechtlich für die Nichteinhaltung der
Mindestbedingungen nach Artikel 2. Erstunternehmer und Subunternehmer haften
in diesem Fall solidarisch.


Art. 6

Meldung

1 Vor Beginn des Einsatzes hat der Arbeitgeber der zuständigen kantonalen Behörde
nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d schriftlich und in der Amtssprache des Einsatzortes zu melden: a.

Zahl und Namen der entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; b.

Datum des Arbeitsbeginns und voraussichtliche Dauer der Arbeiten; c.

Art der auszuführenden Arbeiten; d.

den genauen Ort, an dem die Arbeiten ausgeführt werden.

2 Der Arbeitgeber hat der Meldung nach Absatz 1 die Erklärung beizulegen, dass er
von den Bedingungen nach den Artikeln 2 und 3 Kenntnis genommen hat und sich
verpflichtet, sie einzuhalten.

3 Der Bundesrat bezeichnet die Fälle, in denen von der Meldung abgesehen werden
kann.


Art. 7

Kontrolle

1 Die Einhaltung der Anforderungen nach diesem Gesetz wird kontrolliert: a.

bezüglich der Bestimmungen eines allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrags: von den mit der Durchsetzung des Gesamtarbeitsvertrages
betrauten paritätischen Organen; b.

bezüglich der Bestimmungen eines Normalarbeitsvertrages über Minimallöhne im Sinne von Artikel 360a OR5: von den durch die Kantone oder den
Bund eingesetzten tripartiten Kommissionen (Art. 360b OR); c.

bezüglich der Bestimmungen von Bundeserlassen: von den nach diesen
Erlassen zuständigen Behörden; d.

bezüglich der andern Bestimmungen: von den durch die Kantone bezeichneten Behörden.

2 Der Arbeitgeber muss den Organen nach Absatz 1 auf Verlangen alle Dokumente
zustellen, welche die Einhaltung der Arbeits- und Lohnbedingungen der entsandten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer belegen. Die Dokumente müssen in einer
Amtssprache vorgelegt werden.

3 Sind die notwendigen Dokumente nicht oder nicht mehr vorhanden, so hat der Arbeitgeber das Einhalten der gesetzlichen Bestimmungen zu beweisen, sofern er nicht 5 SR

220

Arbeitsmarkt und Arbeitsbeschaffung 4

823.20

den Nachweis zu erbringen vermag, dass ihn am Verlust der Unterlagen kein Verschulden trifft.

4 Der Arbeitgeber muss den Kontrollorganen jederzeit freien Zutritt zum Arbeitsplatz und den Verwaltungsräumen gewähren.

5 Bundesrat und Kantone regeln die Entschädigung der Organe, die mit der Kontrolle der Gesetzesanwendung betraut sind.


Art. 8

Zusammenarbeit

1 Die Kontrollorgane nach Artikel 7 koordinieren ihre Tätigkeiten und arbeiten zusammen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgabe notwendig ist.

2 Sie tauschen untereinander die erforderlichen Auskünfte und Unterlagen aus.

3 Die zuständigen Behörden können mit den Behörden anderer Länder zusammenarbeiten, um über die grenzüberschreitende Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern Informationen auszutauschen, die Verstösse gegen dieses Gesetz
verhindern.


Art. 9

Sanktionen

1 Die Kontrollorgane melden jeden Verstoss gegen dieses Gesetz der zuständigen
kantonalen Behörde.

2 Die zuständige kantonale Behörde nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d kann: a.

bei geringfügigen Verstössen gegen Artikel 2 und bei Verstössen gegen
die Artikel 3 und 6 eine Verwaltungsbusse bis 5000 Franken aussprechen;
Artikel 7 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 19746 ist anwendbar; b.

bei Verstössen gegen Artikel 2, die nicht geringfügig sind, dem betreffenden
Arbeitgeber verbieten, während ein bis fünf Jahren in der Schweiz seine
Dienste anzubieten;

c.

dem fehlbaren Arbeitgeber die Kontrollkosten ganz oder teilweise auferlegen.

3 Die Behörde, die eine Sanktion ausspricht, stellt der zuständigen Bundesbehörde7
eine Kopie ihres Entscheides zu. Diese führt eine Liste der Arbeitgeber, die Gegenstand einer rechtskräftigen Sanktion gewesen sind.


Art. 10

Rechtsmittel

Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz vom
20. Dezember 19688 und nach dem Bundesrechtspflegegesetz vom 16. Dezember
19439.

6

SR 313.0

7

Gegenwärtig Staaatssekretariat für Wirtschaft (seco) 8

SR 172.021

9

SR 173.110

In die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - BG 5

823.20


Art. 11

Klagerecht

Die Organisationen, die nach ihren Statuten die sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber wahren, haben
ein selbstständiges Klagerecht auf Feststellung einer Verletzung dieses Gesetzes.


Art. 12

Strafbestimmungen

1 Mit Busse bis zu 40 000 Franken wird bestraft, sofern nicht ein mit höherer Strafe
bedrohtes Vergehen des Strafgesetzbuches10 vorliegt, wer: a.

in Verletzung der Auskunftspflicht wissentlich falsche Auskünfte erteilt oder
die Auskunft verweigert; b.

sich der Kontrolle der zuständigen Behörde widersetzt oder in irgendeiner
Weise die Kontrolle verunmöglicht.

2 In leichten Fällen kann die Behörde von einer Strafverfolgung absehen.

3 Mit Busse bis zu 1 000 000 Franken wird bestraft, sofern nicht ein mit höherer
Strafe bedrohtes Verbrechen oder Vergehen des Strafgesetzbuches vorliegt, wer in
seiner Funktion als Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer die
in Artikel 2 genannten Mindestbedingungen systematisch und in gewinnsüchtiger
Absicht nicht garantiert.

4 Artikel 59 des Strafgesetzbuchs ist anwendbar.


Art. 13

Strafverfolgung

Strafbare Handlungen gegen dieses Gesetz werden von den Kantonen verfolgt und
beurteilt.


Art. 14

Aufsicht über den Vollzug Die zuständige Bundesbehörde11 beaufsichtigt den Vollzug dieses Gesetzes. Sie
kann den Kontrollorganen nach Artikel 7 Weisungen erteilen.


Art. 15

Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten dieses Gesetzes; es gilt so lange das Abkommen vom 21. Juni 199912 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit in Kraft ist.

10

SR 311.0

11

Gegenwärtig Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) 12

SR 0.142.112.681

Arbeitsmarkt und Arbeitsbeschaffung 6

823.20

Datum des Inkrafttretens:13
Anhang Ziff. 2: 1. Juni 2003
alle übrigen Bestimmungen: 1. Juni 2004 13

BRB vom 14. Mai 2003 (AS 2003 1375)

In die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - BG 7

823.20

Anhang

Änderung bisherigen Rechts Die nachstehenden Erlasse werden wie folgt geändert: 1. Bundesgesetz vom 18. Dezember 198714 über das Internationale Privatrecht Ingress

gestützt auf die Zuständigkeit des Bundes in auswärtigen Angelegenheiten15
und auf Artikel 64 der Bundesverfassung16,
...


Art. 115
Absatz 3
3 Für Klagen bezüglich der auf die Arbeitsleistung anzuwendenden Arbeits- und
Lohnbedingungen sind zudem die Schweizer Gerichte am Ort zuständig, an den der
Arbeitnehmer für einen begrenzten Zeitraum und zur Verrichtung auch nur eines
Teils seiner Arbeit aus dem Ausland entsandt worden ist.


2. Obligationenrecht17 Art. 360a

...


Art. 360b

...


Art. 360c

...


Art. 360d

...


Art. 360e

...

14

SR 291

15

Dieser Zuständigkeitsumschreibung entspricht Artikel 54 Absatz 1 der neuen
Bundesverfassung vom 18. April 1999 (SR 101).

16

Dieser Bestimmung entspricht Artikel 122 der neuen Bundesverfassung vom
18. April 1999 (SR 101).

17

SR 220. Die hiernach aufgeführten Änd. sind eingefügt im genannten BG.

Arbeitsmarkt und Arbeitsbeschaffung 8

823.20


Art. 360f

...

3. Bundesgesetz vom 28. September 195618
über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen Ingress

gestützt auf Artikel 34ter der Bundesverfassung19,
...

1. Im Allgemeinen


Art. 1a

2. Bei Missbräuchen Stellt die tripartite Kommission nach Artikel 360b OR20 fest, dass in
einer Branche oder einem Beruf die orts-, berufs- oder branchenüblichen Löhne und Arbeitszeiten wiederholt in missbräuchlicher
Weise unterboten werden, so kann sie mit Zustimmung der Vertragsparteien die Allgemeinverbindlicherklärung der Bestimmungen über
die minimale Entlöhnung und die ihr entsprechende Arbeitszeit sowie
die paritätischen Kontrollen des für die betreffende Branche geltenden
Gesamtarbeitsvertrags beantragen.

30 Prozent der Arbeitgeber ausmachen, die nach der Allgemeinverbindlicherklärung dem Gesamtarbeitsvertrag unterstehen sollen und mindestens 30 Prozent aller Arbeitnehmer
beschäftigen.

18

SR 221.215.311 19

Dieser Bestimmung entspricht Artikel 110 der Bundesverfassung vom 18. April 1999
(SR 101).

20

SR 220

In die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - BG 9

823.20

Besonderes
Kontrollorgan

1 Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auf die der Geltungsbereich des Gesamtarbeitsvertrages ausgedehnt wird, können jederzeit bei der zuständigen Behörde die Einsetzung eines besonderen, von den Vertragsparteien unabhängigen Kontrollorgans an Stelle der im Vertrag
vorgesehenen Kontrollorgane verlangen. Dieses Kontrollorgan kann
auch auf Antrag der Vertragsparteien eingesetzt werden, wenn sich
ein am Vertrag nicht beteiligter Arbeitgeber oder Arbeitnehmer weigert, sich einer Kontrolle des paritätischen Organs zu unterziehen.

2 Die zuständige Behörde bestimmt Gegenstand und Umfang der Kontrolle nach Anhörung der Vertragsparteien und des Arbeitgebers oder
Arbeitnehmers, der die Einsetzung eines besonderen Kontrollorgans
verlangt oder der sich geweigert hat, sich der Kontrolle des paritätischen Organs zu unterziehen.

3 Die Kontrollkosten gehen zu Lasten des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers, der eine besondere Kontrolle verlangt oder der sich geweigert hat, sich der Kontrolle des paritätischen Organs zu unterziehen;
sie können jedoch von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise
den Vertragsparteien auferlegt werden, wenn besondere Umstände
dies rechtfertigen.


Art. 20
Abs. 2
2 Bei Anträgen, über die der Bundesrat entscheidet, führt die zuständige Behörde21 das Verfahren und trifft die Massnahmen nach den
Artikeln 5 Absatz 2 und 6.

21 Gegenwärtig Staatssekretariat für Wirtschaft (seco)

Arbeitsmarkt und Arbeitsbeschaffung 10

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