01.06.2022 - * / In Kraft
01.01.2022 - 31.05.2022
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15.09.2018 - 28.02.2019
01.08.2014 - 14.09.2018
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1

Bundesgesetz
über kriminalpolizeiliche Zentralstellen
des Bundes
(ZentG)
1

vom 7. Oktober 1994 (Stand am 6. Juni 2000) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 64bis und 85 Ziffer 7 der Bundesverfassung2,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 12. Januar 19943, beschliesst:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Grundsatz

1

Der Bund führt Zentralstellen zur Bekämpfung des organisierten und international tätigen Verbrechens.

2

Die Zentralstellen arbeiten mit den Strafverfolgungs- und Polizeibehörden der Kantone und des Auslandes zusammen.


Art. 2

Aufgaben

Die Zentralstellen nach diesem Gesetz: a.

bearbeiten die Informationen aus dem In- und Ausland in ihrem Zuständigkeitsbereich; b.

koordinieren die interkantonalen und internationalen Ermittlungen; c.

erstellen Lage- und Bedrohungsberichte zuhanden des Eidgenössischen
Justiz- und Polizeidepartementes (Departement) und der Strafverfolgungsbehörden; d.

stellen den nationalen und internationalen kriminalpolizeilichen Informationsaustausch sicher und wirken bei der Durchführung von Rechtshilfeersuchen des Auslandes mit; e.

setzen die Polizeiverbindungsleute im Ausland ein; f.

führen gerichtspolizeiliche Ermittlungen durch, wenn der Bund dafür
zuständig ist.

AS 1995 875

1

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. Juni 1999, in Kraft seit 15. Juni 2000 (AS 2000
1367 1368; BBl 1997 IV 1293).

2

[BS 1 3]. Den genannten Bestimmungen entsprechen heute die Art. 57, 123, 172 und
173 der BV vom 18. April 1999 (SR 101).

3

BBl 1994 I 1145 360

Polizeikoordination und Dienstleistungen 2

360


Art. 3

Informationsbeschaffung Die Zentralstellen beschaffen die Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben
nach diesem Gesetz notwendig sind, indem sie: a.

öffentlich zugängliche Quellen auswerten; b.

Auskünfte einholen; c.

in amtliche Akten Einsicht nehmen; d.

Meldungen entgegennehmen und auswerten; e.

nach der Identität oder dem Aufenthalt von Personen forschen; f.

Informationen aus Observationen auswerten.


Art. 4

Zusammenarbeit mit Behörden und Amtsstellen 1

Der Bundesrat regelt für jede Zentralstelle durch Verordnung, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die folgenden Behörden und Amtsstellen zur
Zusammenarbeit und fallweisen Auskunft an die Zentralstelle verpflichtet sind: a.

Strafverfolgungsorgane, Polizeistellen, Grenzwacht- und Zollorgane; b.

Fremdenpolizeibehörden und andere Behörden, die für Einreise und Aufenthalt von Ausländern und Ausländerinnen sowie für die Gewährung von Asyl
oder für die Anordnung der vorläufigen Aufnahme zuständig sind; c.

Einwohnerkontrollen und andere öffentliche Register; d.

Behörden, die für den diplomatischen und konsularischen Verkehr zuständig
sind;

e.

andere Behörden, die für Bewilligungen im Zusammenhang mit dem Verkehr mit bestimmten Gütern zuständig sind.

2

Über Anstände innerhalb der Bundesverwaltung entscheidet die übergeordnete Behörde, über Anstände zwischen Organen des Bundes und der Kantone die Anklagekammer des Bundesgerichtes.


Art. 5

Polizeiverbindungsleute 1

Polizeiverbindungsleute in ausgewählten schweizerischen Vertretungen im Ausland oder bei internationalen Organisationen unterstützen die Strafverfolgungsbehörden bei der Verfolgung von Straftaten im Zuständigkeitsbereich der Zentralstellen. Sie arbeiten im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen als Angehörige der
Zentralstelle direkt mit den zuständigen Behörden des Empfangsstaates und bestimmter Drittländer zusammen.

2

Die Polizeiverbindungsleute können auch bei Fahndungen und Ermittlungen zur Verfolgung von Verbrechen und Vergehen, bei denen die Schweiz Rechtshilfe gewähren kann, eingesetzt werden.

3

Der Bundesrat vereinbart mit den Empfangsstaaten die Einzelheiten des Einsatzes.

Kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes 3

360

4

Der Bundesrat wird ermächtigt, mit den zuständigen Behörden des Auslandes die Stationierung von ausländischen Polizeiverbindungsleuten in der Schweiz zu vereinbaren.


Art. 6

Schaffung von Zentralstellen 1

Für Zentralstellen, die aufgrund eines Staatsvertrags oder eines andern Bundesgesetzes geschaffen werden, gelten der erste und vierte Abschnitt dieses Gesetzes sinngemäss.

2

Der Bundesrat kann auf dem Verordnungsweg die Einzelheiten der sinngemässen Gesetzesanwendung regeln.

2. Abschnitt:
Zentralstelle für die Bekämpfung des organisierten Verbrechens


Art. 7

Aufgaben

Die Zentralstelle für die Bekämpfung des organisierten Verbrechens hat insbesondere die Aufgabe, kriminelle Organisationen im Sinne von Artikel 260ter des Strafgesetzbuches4 zu erkennen und die von solchen Organisationen begangenen Straftaten zu bekämpfen.


Art. 8

Informationspflichten 1

Die Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen erstatten der Zentralstelle die Meldungen, die auf das Vorliegen einer Organisation im Sinne von Artikel
260ter Ziffer 1 Absatz 1 des Strafgesetzbuches5 schliessen lassen. Sie melden insbesondere konkrete Verdachtsgründe sowie die Eröffnung und Einstellung von Ermittlungsverfahren, bei denen ein Verdacht auf Mitwirkung krimineller Organisationen
besteht.

2

Die Zentralstelle informiert die Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen über alle Vorgänge, welche die gemeldeten Verfahren betreffen.

3. Abschnitt:
Zentralstelle für die Bekämpfung des unerlaubten Betäubungsmittelverkehrs


Art. 9

Aufgaben

1

Die Zentralstelle für die Bekämpfung des unerlaubten Betäubungsmittelverkehrs unterstützt die Behörden des Bundes und der Kantone sowie anderer Staaten bei der
Verhinderung und Bekämpfung des unerlaubten Betäubungsmittelverkehrs.

4

SR 311.0

5

SR 311.0

Polizeikoordination und Dienstleistungen 4

360

2

Sie kann im Rahmen von Rechtshilfeverfahren mit Beweiserhebungen betraut werden, die sie nach den Bestimmungen des Bundesstrafrechtspflegegesetzes6 durchführt.

3

Die Anordnung von Ermittlungen durch den Bundesanwalt oder die Bundesanwältin nach Artikel 259 des Bundesstrafrechtspflegegesetzes bleibt vorbehalten. Sie
ist auch zulässig zur Durchführung von Rechtshilfeersuchen des Auslandes.


Art. 10

Informationspflichten Die Kantone haben der Zentralstelle über jede wegen Widerhandlung gegen das
Bundesgesetz vom 3. Oktober 19517 über die Betäubungsmittel eingeleitete Strafverfolgung rechtzeitig Mitteilung zu machen.

4. Abschnitt: Bearbeitung von Personendaten

Art. 11

Datenbearbeitungssysteme 1

Die kriminalpolizeilichen Zentralstellen des Bundes betreiben zur Erfüllung ihrer Aufgaben ein gemeinsames Informationssystem. Im System werden kriminologische
Kategorien ausgeschieden. Bei der Ausgestaltung der Zugriffsrechte auf die einzelnen Kategorien ist dem Bedürfnis einer Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Zentralstellen nach diesem Gesetz Rechnung zu tragen.8 2

In diesem System können besonders schützenswerte Daten und Persönlichkeitsprofile im Sinne des Bundesgesetzes vom 19. Juni 19929 über den Datenschutz
(DSG) bearbeitet werden, wenn und solange es zur Erfüllung der Aufgaben notwendig ist.

3

Die Daten, die vor Einleitung eines gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahrens beschafft werden, und die Daten der gerichtlichen Polizei des Bundes und der Kantone werden im Informationssystem getrennt bearbeitet. Dieses Informationssystem
muss von anderen Informationssystemen der Polizei und der Verwaltung getrennt
geführt werden.

4

Für Personendaten aus hängigen Strafverfahren richtet sich die Bearbeitung in der Zentralstelle nach dem Datenschutzrecht des Bundes.


Art. 12

Beteiligung der Kantone 1

Dienststellen der Kantone, die im Rahmen ihrer Zuständigkeit mit der Zentralstelle zusammenarbeiten, können durch ein Abrufverfahren auf das Datenverarbeitungssystem direkt zugreifen, sofern die notwendigen Schutz- und Sicherheitsmassnahmen getroffen sind.

6

SR 312.0

7

SR 812.121

8 Fassung

gemäss Ziff. I des BG vom 18. Juni 1999, in Kraft seit 15. Juni 2000 (AS 2000 1367 1368; BBl 1997 IV 1293).

9

SR 235.1

Kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes 5

360

2

Der Bundesrat kann vorsehen, dass auch die Dienststellen der Kantone Daten eingeben.


Art. 13

Weitergabe von Personendaten 1

Die Zentralstelle gibt Personendaten den Behörden im Rahmen der Zusammenarbeitspflicht bekannt. Der Bundesrat bestimmt durch Verordnung, an welche weiteren Empfänger in der Schweiz die Zentralstelle im Einzelfall Personendaten für ein
Verfahren weitergeben kann.

2

Die Zentralstelle kann Personendaten an ausländische Strafverfolgungsbehörden weitergeben, wenn ein Gesetz oder ein Staatsvertrag es vorsieht oder wenn: a.

die Information benötigt wird, um eine strafbare Handlung im Aufgabenbereich der Zentralstelle zu verhindern oder aufzuklären; b.

ein schweizerisches Ersuchen um Information begründet werden muss; c.

es im Interesse der betroffenen Person liegt und diese zugestimmt hat oder
deren Zustimmung nach den Umständen angenommen werden kann.


Art. 14

Information der Betroffenen und Auskünfte 1

Die Beschaffung von Personendaten braucht für die betroffene Person nicht erkennbar zu sein, sofern der Zweck der Strafverfolgung es erfordert. Ist die Beschaffung der Daten für die betroffene Person nicht erkennbar, so muss diese nachträglich
darüber informiert werden, sofern nicht wichtige Interessen der Strafverfolgung entgegenstehen oder die nachträgliche Mitteilung mit einem unverhältnismässigen
Aufwand verbunden wäre.

2

Jede Person kann vom Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten10 verlangen, dass er prüfe, ob bei einer Zentralstelle rechtmässig Daten über sie bearbeitet werden.
Der Datenschutzbeauftragte teilt der gesuchstellenden Person in einer stets gleichlautenden Antwort mit, dass in bezug auf sie entweder keine Daten unrechtmässig
bearbeitet würden oder dass er bei Vorhandensein allfälliger Fehler in der Datenbearbeitung eine Empfehlung zu deren Behebung an die Zentralstelle gerichtet habe.

3

Ein Rechtsmittel gegen diese Mitteilung ist ausgeschlossen. Die betroffene Person kann jedoch von der Eidgenössischen Datenschutzkommission verlangen, dass diese
die Mitteilung des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten oder den Vollzug der
von ihm abgegebenen Empfehlung überprüfe. Die Eidgenössische Datenschutzkommission teilt ihr in einer stets gleichlautenden Antwort mit, dass die Prüfung im
begehrten Sinne durchgeführt wurde.

4

Registrierten Personen, die ein Auskunftsgesuch gestellt haben, wird beim Dahinfallen der Interessen der Strafverfolgung an der Geheimhaltung, spätestens bei Ablauf der Aufbewahrungsdauer, nach Massgabe des Datenschutzgesetzes Auskunft
erteilt, sofern dies nicht mit unverhältnismässigem Aufwand verbunden ist.

10

«Der Datenschutzbeauftragte» bezeichnet die Amtsstelle nach Artikel 26ff. des
Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (SR 235.1), weshalb auf die
sprachliche Gleichbehandlung der Geschlechter verzichtet wird.

Polizeikoordination und Dienstleistungen 6

360

5. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 15

Ausführungsbestimmungen Der Bundesrat regelt durch Verordnung: a.

die Einzelheiten der Datenverarbeitung durch die Zentralstellen und die
Koordination der Systeme; b.

das Zugriffsrecht und den Umfang des Zugriffs durch Stellen des Bundes
und der kantonalen Behörden; c.

die Aufbewahrungsdauer der Daten, Kontrollen und Schutzbestimmungen.


Art. 16

Referendum und Inkrafttreten 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Datum des Inkrafttretens: 15. März 199511 11

BRB vom 22. Febr. 1995 (AS 1995 880)