23.01.2023 - * / In Kraft
01.01.2012 - 22.01.2023
01.01.2003 - 31.12.2011
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1

Verordnung
über die Adoptionsvermittlung
(VAdoV)

vom 29. November 2002 (Stand am 24. Dezember 2002) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 269c Absatz 3 des Zivilgesetzbuchs1 (ZGB)
sowie auf Artikel 26 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 20012 zum Haager
Adoptionsübereinkommen und über Massnahmen zum Schutz des Kindes bei
internationalen Adoptionen (BG-HAÜ), verordnet:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Gegenstand

1 Diese Verordnung regelt die Aufsicht über die Adoptionsvermittlung in der
Schweiz.

2 Die Bestimmungen des Bundesrechts und des kantonalen Rechts über den Schutz
des Kindes bleiben vorbehalten.


Art. 2

Vermittlungstätigkeit Als Vermittlung gelten der Hinweis auf die Gelegenheit, ein unmündiges Kind zu
adoptieren, und gegebenenfalls dessen Unterbringung bei Pflegeeltern zur Adoption.


Art. 3

Kindeswohl

1 Vermittlungen dürfen nur erfolgen, wenn die gesamten Umstände erwarten lassen,
dass die Adoption eines Kindes seinem Wohl dient.

2 Die Aufsichtsbehörde beurteilt laufend das allgemeine Umfeld von Adoptionen.
Sie ergreift gegebenenfalls die erforderlichen Massnahmen oder Sanktionen zum
Schutz der Kinder und zur Verhinderung von Missbräuchen.

AS 2002 4160 1

SR 210

2

SR 211.221.31 211.221.36

Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 2

211.221.36

2. Abschnitt: Bewilligungspflichtige Vermittlungstätigkeit

Art. 4

Bewilligungspflicht

1 Wer in der Schweiz die Vermittlung haupt- oder nebenberuflich, selbstständig oder
im Dienste eines anderen, entgeltlich oder unentgeltlich, mit oder ohne öffentliche
Werbung betreiben will, benötigt eine Bewilligung der Aufsichtsbehörde.

2

Vermittlungsstellen juristischer Personen des öffentlichen Rechts und gemeinnütziger juristischer Personen des privaten Rechts kann die Bewilligung erteilt werden,
wenn die für die Vermittlung verantwortlichen natürlichen Personen die Voraussetzungen für die Bewilligung erfüllen.


Art. 5

Voraussetzungen der Bewilligung 1 Personen, die ein Gesuch um Bewilligung der Vermittlungstätigkeit stellen,
müssen:

a.

ihren guten Leumund und den guten Leumund ihrer Hilfspersonen nachweisen; b.

sich über Erfahrung auf dem Gebiet der Adoption und in der Regel über eine
Ausbildung auf dem Gebiet der Jugendfürsorge ausweisen; c.

das schweizerische Adoptionsrecht kennen und mit den schweizerischen Institutionen hinreichend vertraut sein; d.

die von ihnen angewandten Arbeitsmethoden darlegen; e.

angeben, wie sie Information, Sensibilisierung, Vorbereitung, Begleitung
und Betreuung der Adoptionsbewerberinnen und -bewerber sicherstellen; f.

ihren Finanzplan und den Tarif allfälliger Vermittlungsgebühren vorlegen;
der Tarif bedarf der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde.

2 Vermittlungsstellen juristischer Personen des privaten Rechts, die ein Bewilligungsgesuch stellen, müssen dem Gesuch die Statuten beilegen.

3 Jede Änderung der massgebenden Tatsachen ist der Aufsichtsbehörde mitzuteilen.


Art. 6

Zusätzliche Voraussetzungen bei internationalen Vermittlungen 1 Wer Kinder aus dem Ausland in die Schweiz vermittelt, muss sich zusätzlich zu
den Voraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 ausweisen über: a.

Kenntnisse der kulturellen und sozialen Verhältnisse der Herkunftsländer
der Kinder;

b.

Kenntnisse des internationalen Adoptionsrechts und des Adoptionsrechts der
Herkunftsländer der Kinder; c.

eine Arbeitsweise, die transparent ist, dem übergeordneten Kindesinteresse
verpflichtet ist und grundlegende ethische Regeln auf dem Gebiet der Adoption einhält; d.

Beziehungen zu Vermittlungsstellen in den Herkunftsländern der Kinder.

Adoptionsvermittlung 3

211.221.36

2 Für die Vermittlung von Kindern aus der Schweiz ins Ausland ist in jedem Einzelfall die Bewilligung der Aufsichtsbehörde einzuholen.


Art. 7

Bewilligungserteilung 1 Die Bewilligung wird für eine bestimmte Dauer, höchstens jedoch für fünf Jahre
erteilt; sie kann erneuert werden.

2 In der Bewilligung müssen die Länder bezeichnet werden, für die sie ausgestellt
wird.

3 Sie kann mit Bedingungen und Auflagen verknüpft werden.


Art. 8

Vertretung des Kindes 1 Die Vermittlung darf nur im Einvernehmen mit dem Vormund oder Beistand des
Kindes erfolgen.

2 Hat das Kind keinen Vormund oder Beistand, so muss die Vermittlungsstelle die
zuständige Vormundschaftsbehörde benachrichtigen.


Art. 9

Anforderungen an die Ausübung einer internationalen
Vermittlungstätigkeit

Bei der Vermittlung eines Kindes aus dem Ausland muss die Vermittlungsstelle die
Gesetzgebung und das Verfahren des Herkunftslandes einhalten und dafür sorgen,
dass die in Artikel 11c Absatz 2 der Verordnung vom 19. Oktober 19773 über die
Aufnahme von Kindern zur Pflege und zur Adoption vorgeschriebenen Unterlagen
beigebracht werden.


Art. 10

Unterbringung

1 Die Vermittlungsstelle darf die Verbindung zwischen den Pflegeeltern und dem
Kind erst herstellen, wenn sie sich davon überzeugt hat, dass die Pflegeeltern die
Voraussetzungen für die Aufnahme erfüllen.

2 Die Vermittlungsstelle darf das Kind erst bei den Pflegeeltern unterbringen, wenn: a.

diese eine vorläufige oder endgültige Bewilligung nach der Verordnung vom
19. Oktober 19774 über die Aufnahme von Kindern zur Pflege und zur Adoption besitzen und im Bedarfsfall das Visum und die Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sind; oder b.

der Entscheid nach Artikel 17 des Haager Übereinkommens vom 29. Mai
19935 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption vorliegt.

3

SR 211.222.338 4

SR 211.222.338 5

SR 0.211.221.311; BBl 1999 5855

Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 4

211.221.36


Art. 11

Wahl der Pflegeeltern Findet die Vermittlungsstelle keine geeigneten Pflegeeltern für ein Kind, so muss sie
die Vermittlung einstellen und diese einer anderen anerkannten Vermittlungsstelle
übertragen.


Art. 12

Aufklärung und Beratung 1 Die Vermittlungsstelle muss den Pflegeeltern alle Informationen, die ihr über das
Kind und seine Eltern zur Verfügung stehen, weitergeben.

2 Sie muss die Pflegeeltern über die Schwierigkeiten, die mit der beabsichtigten Adoption verbunden sein können, aufklären. Nach Aufnahme des Kindes muss sie die
Pflegeeltern auf deren Wunsch bis zur Adoption beraten.


Art. 13

Meldepflicht für die Unterbringung Die Vermittlungsstelle muss vor der Unterbringung die für das Kind zuständige
Vormundschaftsbehörde und bei Vermittlung ins Ausland die entsprechende ausländische Behörde am Wohnsitz der Pflegeeltern benachrichtigen.


Art. 14

Entgelt

1 Die Vermittlungsstelle hat nur Anspruch auf Ersatz ihrer Auslagen und auf eine
angemessene Vergütung für ihre Bemühungen.

2 Vergütungen der Pflegeeltern an die Vermittlungsstelle oder an die leiblichen
Eltern für den von diesen geleisteten Unterhalt sind verboten.


Art. 15

Aktenführung

1 Die Vermittlungsstelle muss für jedes Kind, das sie vermittelt, ein Dossier anlegen
und aufbewahren.

2 Nach Beendigung der Vermittlungstätigkeit sind sämtliche Akten der Aufsichtsbehörde zu übergeben.


Art. 16

Auskunfts- und Editionspflicht 1 Die Vermittlungsstelle muss der Aufsichtsbehörde alljährlich eingehend Bericht
über ihre Tätigkeit erstatten, ihr auf Verlangen jede ergänzende Auskunft erteilen,
Einsicht in die Akten gewähren und diese nötigenfalls herausgeben. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement kann nähere Bestimmungen über Inhalt und
Form des Jahresberichts, insbesondere über die Jahresrechnung und die Statistik,
erlassen.

2 Die Vermittlungsstelle muss folgenden anderen Behörden auf Verlangen jede
zweckdienliche Auskunft über das Kind, seine Pflege- und leiblichen Eltern erteilen: a.

der für die Pflegekinderaufsicht zuständigen Behörde; b.

der für das Kind zuständigen Vormundschaftsbehörde;

Adoptionsvermittlung 5

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c.

der für die Adoption zuständigen Behörde; d.

der Stelle, die nach Artikel 268c Absatz 3 ZGB für die Beratung des Kindes
zuständig ist.

3 Die Auskunftspflicht nach Absatz 2 obliegt der Vermittlungsstelle auch gegenüber
anderen anerkannten Vermittlungsstellen, die für das Kind oder die Pflegeeltern
tätig sind.


Art. 17

Schweigepflicht

Die Vermittlungsstelle und ihre Hilfspersonen müssen, unter Vorbehalt von Artikel
16, über Wahrnehmungen, die sie in Ausübung ihrer Tätigkeit machen, Stillschweigen wahren; die Beendigung der Tätigkeit hebt die Schweigepflicht nicht auf.


Art. 18

Sanktionen

1 Die Aufsichtsbehörde entzieht die Bewilligung, wenn die Vermittlungsstelle: a.

die Bewilligung durch unwahre oder irreführende Angaben erwirkt hat; b.

die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung nicht mehr erfüllt; c.

ihre Pflichten nach dieser Verordnung wiederholt oder in schwerer Weise
verletzt.

2 Die Aufsichtsbehörde kann für jeden Verstoss einer Vermittlungsstelle gegen diese
Verordnung:

a.

eine Verwarnung aussprechen; b.

den Entzug der Bewilligung für einen erneuten Verstoss androhen; c.

eine Ordnungsbusse bis zu 5000 Franken verhängen, wenn der Verstoss
nicht länger als drei Jahre zurückliegt.

3 Sie kann gegenüber jeder Person, die ohne Bewilligung eine Vermittlungstätigkeit
ausübt, eine Ordnungsbusse bis zu 5000 Franken verhängen.

3. Abschnitt: Nicht bewilligungspflichtige Vermittlungstätigkeit

Art. 19

Vermittlung durch vormundschaftliche Organe 1 Die Vermittlung durch vormundschaftliche Organe bedarf keiner Bewilligung. Die
Artikel 10-17 gelten sinngemäss.

2 Die Aufsicht richtet sich nach den Bestimmungen des Vormundschaftsrechts.

Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 6

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Art. 20

Andere Fälle nicht bewilligungspflichtiger Vermittlungstätigkeit 1 Wer, ohne der Bewilligungspflicht nach Artikel 4 zu unterliegen, eine Vermittlung
vornimmt, muss dies der Aufsichtsbehörde melden. Das Kind darf erst untergebracht
werden, wenn:

a.

der Entscheid nach Artikel 17 des Haager Übereinkommens vom 29. Mai
19936 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption vorliegt, soweit dieses Übereinkommen
anwendbar ist; oder

b.

den Pflegeeltern die Bewilligung zur Aufnahme des Kindes nach der Verordnung vom 19. Oktober 19777 über die Aufnahme von Kindern zur Pflege
und zur Adoption erteilt worden ist.

2

Die Artikel 14, 17 und 18 Absatz 2 Buchstaben a und c sind anwendbar.

4. Abschnitt: Aufsicht und Verfahren

Art. 21

Aufsicht

1 Aufsichtsbehörde ist das Bundesamt für Justiz als Zentrale Behörde des Bundes
nach Artikel 2 Absatz 1 BG-HAÜ.

2 Artikel 19 bleibt vorbehalten.


Art. 22

Amtshilfe

Die Zentralen Behörden der Kantone: a.

teilen der Aufsichtsbehörde von Amtes wegen Feststellungen mit, die darauf
hindeuten, dass eine Vermittlungstätigkeit gegen diese Verordnung verstösst; b.

nehmen zu Gesuchen um Erteilung oder Erneuerung von Bewilligungen
oder zum vorgesehenen Entzug einer Bewilligung Stellung, wenn die Aufsichtsbehörde sie dazu einlädt; c.

nehmen weitere Abklärungen vor, um die sie die Aufsichtsbehörde ersucht.


Art. 23

Anzeigepflicht

Behördenmitglieder, die in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit einen Verstoss gegen diese Verordnung feststellen oder davon Kenntnis erhalten, sind verpflichtet,
ihn unverzüglich der Aufsichtsbehörde anzuzeigen.

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SR 0.211.221.311 7

SR 211.222.338; BBl 1999 5855

Adoptionsvermittlung 7

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5. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 24

Aufhebung bisherigen Rechts Die Verordnung vom 28. März 19738 über die Adoptionsvermittlung wird aufgehoben.


Art. 25

Änderung bisherigen Rechts Anhang 1 der Verordnung vom 3. Februar 19939 über Organisation und Verfahren
eidgenössischer Rekurs- und Schiedskommissionen wird wie folgt geändert: ...


Art. 26

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2003 in Kraft.

8

[AS 1973 628, 1977 1929, 1989 51] 9

SR 173.31. Die hiernach aufgeführte Änd. ist eingefügt im genannten Erlass.

Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 8

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