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Nr. 200 Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 20. November 2000* (Stand Der Grosse Rat des Kantons Luzern, 1. Januar 2011)

nach Einsicht in die Botschaft des Regierungsrates vom 5. Mai 20001,2 beschliesst:


I. Zweck und Geltungsbereich § 1
1 Das Gesetz bestimmt die zuständigen Behörden zur Anwendung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB)3 und des Obligationenrechts (OR)4 2 Es enthält die durch das ZGB und das OR dem kantonalen Recht vorbehaltenen Bestimmungen.

und bezeichnet oder regelt das jeweils anwendbare Verfahren.

3 Besondere kantonale Erlasse, die dem Vollzug und der Ergänzung des ZGB und des OR dienen, bleiben vorbehalten.

* K 2000 2916 und G 2001 1; Abkürzung EGZGB 1 GR 2000 1179

2 Fassung des Ingresses gemäss Änderung vom 28. April 2008, in Kraft seit dem 1. August 2008 (G 2008 256).

3 SR 210. Auf dieses Gesetz wird im Folgenden nicht mehr hingewiesen.

4 SR 220. Auf dieses Gesetz wird im Folgenden nicht mehr hingewiesen.

2

Nr. 200


II. Zuständige Behörden und Verfahren 1. Gerichtsbehörden § 2
5 Die Zuständigkeit der Gerichtsbehörden richtet sich nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (ZPO)

Zuständigkeit 6


, dem Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil- und Strafverfahren vom 10. Mai 2010 (OGB)7 und dem Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972 (VRG)8 § 3

Verfahren vor den gerichtlichen Behörden .

Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, richtet sich das Verfahren vor den zivilgerichtlichen Behörden nach der ZPO, vor dem Verwaltungsgericht nach dem VRG.


2. Verwaltungsbehörden a. Zuständigkeit § 4

Regierungsrat 1 Der Regierungsrat ist zuständig für den Erlass von Normalarbeitsverträgen (Art. 359a Abs. 1 und 360a Abs. 1 OR) und für die Einsetzung der tripartiten Kommission (Art.

360b Abs. 1 OR). 2 Das von ihm bezeichnete Departement oder die von ihm bezeichnete Dienststelle ist in folgenden Fällen zuständig: a. Bewilligung für Viehverpfändungsgeschäfte (Art. 885 Abs. 1 ZGB), b. Bewilligung zum Betrieb des Pfandleihgewerbes (Art. 907 Abs. 1 ZGB), c. Begehren um Vollzug von Schenkungsauflagen, die im Interesse des Kantons oder mehrerer Gemeinden liegen (Art. 246 Abs. 2 OR), d. Bewilligung zur berufsmässigen Ehe- oder Partnerschaftsvermittlung von Personen oder an Personen im Ausland (Art. 406c Abs. 1 OR), e. Bewilligung der Ausgabe von Warenpapieren (Art. 482 Abs. 1 OR), 5 Fassung gemäss Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil- und Strafverfahren vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 129).

6 SR 272. Auf dieses Gesetz wird im Folgenden nicht mehr hingewiesen.

7 SRL Nr. 260 (G 2010 129) 8 SRL Nr. 40. Auf dieses Gesetz wird im Folgenden nicht mehr hingewiesen.

Nr. 200

3

f. staatliche Anerkennung von Pfrundanstalten und die Genehmigung der Pfrundbedingungen (Art. 522 Abs. 2 OR),

g. Genehmigung der Hausordnung von Pfrundanstalten (Art. 524 Abs. 3 OR), h. Bussenverfügung wegen unberechtigter Ausgabe von Warenpapieren (Art. 1155 Abs. 2 OR).


§ 5

Justiz- und Sicherheitsdepartement9 Das Justiz- und Sicherheitsdepartement ist in folgenden Fällen zuständig: a. Bewilligung der Namensänderung (Art. 30 Abs. 1 und 2 ZGB), b. Klage auf Auflösung eines Vereins, wenn dessen Zweck widerrechtlich oder unsittlich ist (Art. 78 ZGB),

c. Klage auf Ungültigerklärung der Ehe oder der eingetragenen Partnerschaft (Art. 106 ZGB und Art. 9 PartG10),11 d. Aufsicht über die Vermittlung von Adoptivkindern sowie Bewilligung der berufsmässigen Adoptivkindervermittlung (Art. 269c ZGB),

e. Bewilligung der Eheschliessung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Wohnsitz in der Schweiz (Art. 43 Abs. 2 Bundesgesetz über das Internationale Privat-


recht12 und Art. 16313 Zivilstandsverordnung14 § 6

Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht ).

15

Die Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht ist in folgenden Fällen zuständig: 16

a. Aufsicht über Stiftungen, die nach ihrer Bestimmung dem Kanton oder mehreren Gemeinden angehören (Art. 84 Abs. 1 ZGB), b. Abänderung der Organisation oder des Zwecks einer Stiftung (Art. 85 und 86 Abs. 1 ZGB) sowie Feststellung der Unerreichbarkeit des Zwecks (Art. 88 Abs. 1 ZGB), c. Aufsicht über Stiftungen der beruflichen Vorsorge, insbesondere über Personalfürsorgestiftungen (Art. 89bis ZGB).


§ 7

Regierungsstatthalterinnen und Regierungsstatthalter 1 Die Regierungsstatthalterin oder der Regierungsstatthalter ist in folgenden Fällen zuständig:

a. Entscheid über die Adoption (Art. 268 Abs. 1 ZGB), 9 Gemäss Änderung des Organisationsgesetzes vom 17. Februar 2003, in Kraft seit dem 1. Juli 2003 (G 2003 89), wurde in den §§ 5, 16 und 41 die Bezeichnung «Justiz-, Gemeinde und Kulturdepartement» durch «Justiz- und Sicherheitsdepartement» ersetzt.

10 SR 211.231

11 Fassung gemäss Änderung vom 11. September 2006, in Kraft seit dem 1. Januar 2007 (G 2006 316).

12 SR 291

13 Heute Art. 73 Zivilstandsverordnung vom 28. April 2004.

14 SR 211.112.2

15 Fassung gemäss Änderung vom 24. Januar 2005, in Kraft seit dem 1. Januar 2006 (G 2005 390).

16 Fassung gemäss Änderung vom 24. Januar 2005, in Kraft seit dem 1. Januar 2006 (G 2005 390).

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b. Überwachung der Auslosung von Anleihensgülten und der Tilgung abbezahlter Titel (Art. 882 Abs. 2 ZGB).

2 Die Regierungsstatthalterin oder der Regierungsstatthalter ist vormundschaftliche Aufsichtsbehörde.


§ 8

Gemeinderat

1 Der Gemeinderat oder die von ihm bezeichnete Dienststelle der Gemeindeverwaltung ist in folgenden Fällen zuständig: a. Aufsicht über Stiftungen, die ihrer Bestimmung nach der Gemeinde angehören (Art.

84 Abs. 1 ZGB),

b. Anfechtung der Anerkennung der Vaterschaft für die Wohnsitz- oder die Heimatgemeinde des Ehemannes (Art. 259 Abs. 2 Ziff. 3 und Art. 260a Abs. 1 ZGB),

c. Übernahme der Beklagtenrolle bei Vaterschaftsklagen gemäss Artikel 261 Absatz 2 ZGB,

d. Anfechtung der Adoption für die Wohnsitz- oder die Heimatgemeinde (Art. 269a Abs. 1 ZGB),

e. Entgegennahme der Mitteilung betreffend Freiheitsstrafen (Art. 371 Abs. 2 ZGB), f. Begehren der Heimatgemeinde um Verschollenerklärung (Art. 550 Abs. 1 ZGB), g. Verbot des Betretens von Wald und Weide und der Aneignung wild wachsender Beeren, Pilze usw. (Art. 699 Abs. 1 ZGB), h. Genehmigung der Versteigerung gefundener Sachen (Art. 721 Abs. 2 ZGB), i. Hinterlegung von Zahlungen bei Schuldbrief und Gült (Art. 861 Abs. 2 ZGB), k. Begehren um Vollzug von Schenkungsauflagen, die im Interesse der Gemeinde liegen (Art. 246 Abs. 2 OR).

2 Der Gemeinderat ist Vormundschaftsbehörde. 3 Der Gemeinderat kann die Erfüllung einzelner Aufgaben der Vormundschaftsbehörde einer Dienststelle der Gemeindeverwaltung übertragen. Der Regierungsrat bezeichnet in der Verordnung die Aufgaben, die übertragen werden können.


§ 9

Teilungsbehörde 1 Die Teilungsbehörde besteht aus der Gemeindepräsidentin oder dem Gemeindepräsidenten (Vorsitz) und einem vom Gemeinderat bezeichneten weiteren Mitglied. Der Ge-

meinderat kann einem andern Mitglied des Gemeinderates den Vorsitz übertragen. 2 Die Teilungsbehörde ist in folgenden Fällen zuständig: a. Anordnung und Aufnahme des Inventars bei Nacherbeneinsetzungen sowie Anordnung der Erbschaftsverwaltung (Art. 490 Abs. 1 und 3 ZGB),

b. Aufbewahrung der Verfügungen von Todes wegen (Art. 504 und 505 ZGB), c. Mitteilung der Ernennung zur Willensvollstreckerin oder zum Willensvollstrecker (Art. 517 Abs. 2 ZGB), d. Aufsicht über Willensvollstreckerinnen und -vollstrecker (Art. 518 ZGB),

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e. Anordnung und Durchführung der Sicherung des Erbgangs, Eröffnung der letztwilligen Verfügung, Ausstellung der Erbenbescheinigung (Art. 551-559 ZGB),

f. Entgegennahme der Erklärung über Erbschaftsausschlagungen und Anordnung weiterer Massnahmen (Art. 570, 574-576 ZGB),

g. Anordnung und Aufnahme des öffentlichen Inventars (Art. 580-585 ZGB, §§ 74 ff.),

h. Aufforderung zur Erklärung über den Erwerb der Erbschaft sowie Einräumung einer weiteren Frist (Art. 587 ZGB), i. Anordnung und Durchführung der amtlichen Liquidation (Art. 593-596 ZGB), k. Bestellung einer Vertretung für die Erbengemeinschaft (Art. 602 Abs. 3 ZGB), l. Mitwirkung bei der Erbteilung (Art. 609 ZGB, § 77), m. Mitwirkung bei der Losbildung (Art. 611 Abs. 2 ZGB), n. Anordnung der Versteigerung von Erbschaftssachen (Art. 612 Abs. 3 ZGB), o. Entscheid über die Veräusserung oder die Zuweisung besonderer Gegenstände (Art.

613 Abs. 3 ZGB).

3 Der Gemeinderat kann die Erfüllung der Aufgaben gemäss Absatz 2 einer Dienststelle der Gemeindeverwaltung übertragen.


b. Verfahren § 10
Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, richtet sich das Verfahren vor den Verwaltungsbehörden nach dem VRG.


c. Rechtsschutz § 11

Sachbeschwerde 1 Gegen Entscheide der Verwaltungsbehörden gestützt auf dieses Gesetz ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde (§§ 156 ff. VRG) an das Obergericht zulässig. Dem Oberge-

richt steht auch die Ermessenskontrolle zu. 2 Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann mit Beschwerde gemäss § 128 Absatz 4 VRG gerügt werden.17 3 Für das Verfahren vor Obergericht gelten sinngemäss die Bestimmungen des VRG.

18

17 Gemäss Änderung vom 16. Juni 2008, in Kraft seit dem 1. Januar 2009 (G 2008 333), wurde ein neuer Absatz 2 eingefügt. Die bisherigen Absätze 2 und 3 wurden zu den Absätzen 3 und 4.

18 Gemäss Änderung vom 16. Juni 2008, in Kraft seit dem 1. Januar 2009 (G 2008 333), wurde ein neuer Absatz 2 eingefügt. Die bisherigen Absätze 2 und 3 wurden zu den Absätzen 3 und 4.

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4 Vorbehalten bleiben besondere Bestimmungen dieses Gesetzes über den Rechtsschutz.19


§ 12

Aufsichtsbeschwerde 1 Die Aufsichtsbeschwerde ist zulässig gegen die nach diesem Gesetz zuständigen Verwaltungs- und Gerichtsbehörden, ausgenommen das Obergericht als Gesamtbehörde. 2 ...20 3 Beschwerdeinstanz ist die ordentliche Rechtsmittelinstanz.

4 Für das Verfahren gelten im Übrigen die Bestimmungen der §§ 180 ff. VRG.


III. Veröffentlichungen § 13
1 Die durch das ZGB, das OR oder dieses Gesetz vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachungen, Aufforderungen und Ankündigungen werden im Luzerner Kantons-

blatt veröffentlicht. 2 Die zuständige Behörde bestimmt, wie oft die Veröffentlichung zu erfolgen hat und ob auch andere Publikationsorgane miteinzubeziehen sind. 3 Besondere Bestimmungen im ZGB oder im OR bleiben vorbehalten.


IV. Personenrecht 1. Schutz vor Gewalt und Drohungen21 § 13a

22

1 Die Polizei kann eine Person, die eine andere Person ernsthaft gefährdet oder die mit einer ernsthaften Gefährdung droht, aus der gemeinsamen Wohnung und deren unmittelbarer Umgebung wegweisen und ihr deren Betreten für längstens 20 Tage verbieten.

Massnahmen der Polizei 19 Gemäss Änderung vom 16. Juni 2008, in Kraft seit dem 1. Januar 2009 (G 2008 333), wurde ein neuer Absatz 2 eingefügt. Die bisherigen Absätze 2 und 3 wurden zu den Absätzen 3 und 4.

20 Aufgehoben durch Änderung vom 16. Juni 2008, in Kraft seit dem 1. Januar 2009 (G 2008 333).

21 Eingefügt durch Änderung vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 178).

22 Eingefügt durch Änderung vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 178).

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2 Die Wegweisung und das Betretungsverbot können sich auf weitere, genau bezeichnete Orte beziehen, insbesondere auf den Arbeitsort oder den Schulort der gefährdeten Person.


§ 13b
23 1 Die Polizei eröffnet der weggewiesenen Person die Massnahme mit schriftlicher Verfügung. Die weggewiesene Person hat das Recht, sich vorher mündlich zu äussern.

Verfügung der Polizei 2 Die Verfügung tritt sofort in Kraft und bestimmt, a. auf welche Orte sich die Wegweisung und das Betretungsverbot beziehen, b. bis wann das Betretungsverbot gilt. 3 Die Verfügung weist darauf hin, a. welches die Folgen der Missachtung der Verfügung sind, b. dass sich das Betretungsverbot nach § 13i verlängern kann, c. welche Beratungs- und Therapieangebote zur Verfügung stehen, d. dass diese an Beratungsstellen weitergegeben wird, e. dass diese nach § 13d angefochten werden kann. 4 Die weggewiesene Person gibt der Polizei eine Zustelladresse bekannt.


§ 13c
24 1 Die Polizei informiert die gefährdete Person Mitteilungen der Polizei a. über den Inhalt der Verfügung, b. über geeignete Beratungsstellen, c. über ihre rechtlichen Möglichkeiten, insbesondere über die Anrufung des Zivilgerichtes nach § 13i.

2 Erscheinen vormundschaftliche Massnahmen angezeigt, meldet die Polizei die Wegweisung und das Betretungsverbot der Vormundschaftsbehörde des Wohnortes und bei

Dringlichkeit der Vormundschaftsbehörde des Aufenthaltsortes der weggewiesenen Person. 3 Die Polizei übermittelt die Verfügung je einer Beratungsstelle für weggewiesene und für gefährdete Personen.


§ 13d
25 1 Die weggewiesene Person kann innert fünf Tagen seit Eröffnung der Verfügung der Polizei das Zwangsmassnahmengericht anrufen.

Gerichtliche Beurteilung 2 Das Gericht stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest.

23 Eingefügt durch Änderung vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 178).

24 Eingefügt durch Änderung vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 178).

25 Eingefügt durch Änderung vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 178).

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3 Es entscheidet innert vier Arbeitstagen. 4 Es teilt den Entscheid den Parteien sowie der Polizei, der Staatsanwaltschaft und, soweit nötig, der Vormundschaftsbehörde schriftlich mit.


§ 13e
26 1 Der zuständige Staatsanwalt oder die zuständige Staatsanwältin kann die weggewiesene Person mit Verfügung anweisen, eine bestimmte Anzahl Beratungsstunden über den

Umgang mit Gewalt zu absolvieren. Die Polizei ist antragsberechtigt.

Verfügung des Staatsanwalts oder der Staatsanwältin 2 Die weggewiesene Person kann gegen die Verfügung des zuständigen Staatsanwalts oder der zuständigen Staatsanwältin das Zwangsmassnahmengericht anrufen.


§ 13f
27 1 Das Justiz- und Sicherheitsdepartement bezeichnet spezialisierte Beratungsstellen für weggewiesene sowie für gefährdete Personen.

Beratungsstellen und Beratung 2 Die Beratungsstellen nehmen nach Eingang der Verfügung der Polizei umgehend mit der weggewiesenen und der gefährdeten Person Kontakt auf. 3 Wünscht eine Person keine Beratung, vernichtet die Beratungsstelle die Verfügung der Polizei.


§ 13g
28 1 Die Erstberatung der weggewiesenen Person im Rahmen der freiwilligen Beratung wird im Umfang von zwei Stunden vom Staat finanziert.

Kosten der Beratung 2 Die Kostenübernahme für die Beratung der gefährdeten Person erfolgt nach den Regeln der Opferberatung.


§ 13h
29 1 Für das Verfahren gelten sinngemäss die Bestimmungen des VRG.

Verfahrensrecht 2 Gegen Entscheide des Zwangsmassnahmengerichtes kann beim Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde (§§ 156 ff. VRG) eingereicht werden.

26 Eingefügt durch Änderung vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 178).

27 Eingefügt durch Änderung vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 178).

28 Eingefügt durch Änderung vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 178).

29 Eingefügt durch Änderung vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 178).

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§ 13i
30 1 Die gefährdete Person kann innert 20 Tagen nach Eröffnung der Verfügung der Polizei beim Zivilgericht um Anordnung von Schutzmassnahmen nach Artikel 28 ff., Artikel 137

Verlängerung bei zivilrechtlichem Verfahren 31

2 Die Wegweisung und das Betretungsverbot verlängern sich mit der Einreichung des Gesuches bis zum Entscheid des Zivilgerichts, längstens um zehn Tage. Sie fallen dahin, wenn das Zivilgericht zivilrechtliche Massnahmen rechtskräftig angeordnet hat.

oder Artikel 175 ff. ZGB ersuchen. Mit dem Eingang des Gesuchs endet die Zuständigkeit des Zwangsmassnahmengerichtes.

3 Das Zivilgericht teilt den Eingang des Gesuchs und seine Entscheidungen der Polizei, der Staatsanwaltschaft und soweit erforderlich dem Zwangsmassnahmengericht mit.


2. Zivilstandswesen § 14

Zivilstandskreise 1 Jede Einwohnergemeinde bildet einen Zivilstandskreis mit einem Zivilstandsamt. 2 Zwei oder mehr Einwohnergemeinden können sich mit Genehmigung des Regierungsrates zu einem Zivilstandskreis zusammenschliessen. 3 Der Regierungsrat kann zur Erfüllung der vom Bundesrecht vorgeschriebenen Anforderungen an den Beschäftigungsgrad der im Zivilstandswesen tätigen Personen die Zu-

sammenlegung von Zivilstandskreisen verfügen.


§ 15

Leitung des Zivilstandsamtes 1 Die Gemeindeschreiberin oder der Gemeindeschreiber leitet das Zivilstandsamt. 2 Der Gemeinderat kann die Führung des Zivilstandsamtes einem oder einer andern Angestellten der Gemeindeverwaltung übertragen. 3 Der Gemeinderat regelt die Stellvertretung. 4 Wer das Zivilstandsamt leitet, ist Zivilstandsbeamtin oder -beamter im Sinn des ZGB.


§ 16

Aufsicht und Rechtsschutz 1 Das Justiz- und Sicherheitsdepartement ist kantonale Aufsichtsbehörde im Zivilstandswesen. Vorbehalten bleiben besondere Bestimmungen über die Übertragung

von einzelnen Aufgaben der Aufsicht auf die Regierungsstatthalterinnen und -statthalter.

30 Eingefügt durch Änderung vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 178).

31 Art. 137 ZGB wurde mit Wirkung auf 1. Januar 2011 ersetzt durch Art. 276 ZPO (SR 272 und AS 2010 1838).

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2 Das Justiz- und Sicherheitsdepartement entscheidet über Beschwerden gegen Zivilstandsämter. 3 Gegen Entscheide des Justiz- und Sicherheitsdepartementes ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde (§§ 156 ff. VRG) an das Obergericht zulässig. Dem Obergericht steht

auch die Ermessenskontrolle zu.


3. Juristische Personen des kantonalen Rechts a. Öffentlich-rechtliche Genossenschaften § 17

Aufgaben, Rechtspersönlichkeit 1 Öffentlich-rechtliche Genossenschaften erfüllen öffentliche Aufgaben nach Massgabe der Rechtsordnung. 2 Sie erlangen das Recht der Persönlichkeit mit der Genehmigung der Statuten durch das zuständige Departement.


§ 18

Statuten

1 Die Statuten müssen mindestens Bestimmungen enthalten über: a. Name und Sitz,

b. Zweck,

c. Mitgliedschaft,

d. Organisation,

e. Mittel und Haftung, f. Statutenänderung,

g. Auflösung. 2 Die Änderung des Mindestinhalts der Statuten bedarf der Genehmigung des zuständigen Departements.


§ 19

Subsidiäres Recht Soweit die Statuten keine Regelungen enthalten, sind neben den entsprechenden Vorschriften des kantonalen öffentlichen Rechts die Bestimmungen des Vereinsrechts (Art.

60 ff. ZGB) sinngemäss anwendbar.


§ 20

Entscheide und Verwaltungszwang Mit der Erlangung der Rechtspersönlichkeit erhalten die öffentlich-rechtlichen Genossenschaften innerhalb des von der Rechtsordnung festgelegten Aufgabenbereichs das

Recht, Entscheide zu erlassen und zu deren Durchsetzung Verwaltungszwang auszuüben

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(§§ 209 ff. VRG). Die Ersatzvornahme und die Anwendung unmittelbaren Zwangs richten sich nach den §§ 212 ff. VRG.


§ 21

Auflösung

1 Die Auflösung einer öffentlich-rechtlichen Genossenschaft bedarf der Genehmigung des zuständigen Departements. 2 Die Genehmigung ist insbesondere zu erteilen, wenn die Aufgaben erfüllt oder weggefallen sind oder durch andere Trägerschaften übernommen werden. 3 Vorbehalten bleibt die Auflösung von Amtes wegen durch das zuständige Departement, wenn die Aufgaben nicht oder nicht sachgerecht erfüllt werden.


§ 22

Rechtsschutz 1 Gegen Entscheide der öffentlich-rechtlichen Genossenschaften ist die Verwaltungsbeschwerde an das zuständige Departement zulässig. 2 Der Rechtsschutz gegen Entscheide des Departements richtet sich nach den Rechtsmittelvorschriften des VRG. 3 Vorbehalten bleiben besondere Vorschriften über den Rechtsschutz.


b. Privatrechtliche Genossenschaften § 23

Rechtspersönlichkeit Allmendgenossenschaften und ähnliche Körperschaften gemäss Artikel 59 Absatz 3 ZGB erlangen das Recht der Persönlichkeit mit der Genehmigung der Statuten durch das zuständige Departement.


§ 24

Statuten, subsidiäres Recht 1 Der Inhalt der Statuten richtet sich nach § 18 Absatz 1. 2 Die Änderung des Mindestinhalts der Statuten bedarf der Genehmigung des zuständigen Departements. 3 Soweit die Statuten keine Regelungen enthalten, sind die Bestimmungen des Vereinsrechts (Art. 60 ff. ZGB) sinngemäss anwendbar.


§ 25

Rechtsschutz Der Rechtsschutz gegen Entscheide des Departements richtet sich nach den Rechtsmittelvorschriften des VRG.

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4. Stiftungswesen und berufliche Vorsorge § 26

Rechtsschutz 1 Gegen Entscheide der Gemeinde oder der Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde (§§ 156 ff. VRG) an das Obergericht zuläs-

sig. Dem Obergericht steht auch die Ermessenskontrolle zu.32 2 Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über den Rechtsschutz in Angelegenheiten der beruflichen Vorsorge gemäss der Bundesgesetzgebung.


V. Familienrecht 1. Eherecht und Partnerschaftsrecht33 § 27

34

Verweigert die gesetzliche Vertreterin oder der gesetzliche Vertreter die Zustimmung zur Eheschliessung oder zur Eintragung der Partnerschaft, kann die betroffene Person innert 20 Tagen das für ihren Wohnsitz zuständige Bezirksgericht anrufen.


Verweigerung der Zustimmung zur Eheschliessung oder zur Eintragung der Partnerschaft, Rechtsschutz § 28

Ehe- und Familienberatungsstellen 1 Der Regierungsrat schafft kantonale Ehe- und Familienberatungsstellen oder überträgt diese Aufgabe einer oder mehreren dazu geeigneten privaten Institutionen. Er kann diesen Stellen Leistungsaufträge erteilen. 2 Der Kanton kann sich an privaten Ehe- und Familienberatungsstellen beteiligen oder sie finanziell unterstützen.


§ 29

Güterrechtsregister Das Handelsregisteramt ist zuständig für die Aufbewahrung des Güterrechtsregisters und für die Gewährung der Registereinsicht gemäss Artikel 10e Absatz 2 des Schlusstitels zum ZGB.

32 Fassung gemäss Änderung vom 19. März 2007, in Kraft seit dem 1. Januar 2008 (G 2007 108).

33 Fassung gemäss Änderung vom 11. September 2006, in Kraft seit dem 1. Januar 2007 (G 2006 316).

34 Fassung gemäss Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil- und Strafverfahren vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 129).

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2. Kindesrecht § 30

Zuständigkeiten 1 Die Vormundschaftsbehörde und die vormundschaftliche Aufsichtsbehörde sind für die ihnen durch das ZGB zugewiesenen Aufgaben zuständig. 2 Für die fürsorgerische Freiheitsentziehung gelten die §§ 51 ff.


§ 31

Handeln von Amtes wegen 1 Die vormundschaftlichen Behörden haben von Amtes wegen einzuschreiten, sobald sie davon Kenntnis erhalten, dass das Wohl eines Kindes gefährdet ist oder Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens notwendig sind. 2 Sie treffen insbesondere geeignete Massnahmen, wenn Erziehungsberechtigte es unterlassen, einem körperlich oder geistig behinderten Kind eine angemessene Ausbildung zu

verschaffen.


§ 32

Mitteilungen und Auskünfte 1 Behördenmitglieder, Angestellte der Gemeinwesen, Lehrpersonen und Personen der Schuldienste, die in Ausübung ihres Berufs Kenntnis von einem Fall erhalten, der das Einschreiten einer vormundschaftlichen Behörde rechtfertigt, sind zur Mitteilung und zur Auskunft verpflichtet. 2 Ärztinnen und Ärzte sind zu entsprechenden Mitteilungen und Auskünften berechtigt.


§ 33

Pflegekinder 1 Wer Pflegekinder in Familienpflege aufnehmen will, bedarf der Bewilligung der Vormundschaftsbehörde und steht unter deren Aufsicht. 2 Wer Pflegekinder in Tagespflege aufnehmen will, hat dies der Vormundschaftsbehörde zu melden und steht unter deren Aufsicht. 3 Der Regierungsrat bestimmt die zuständige Behörde für die Bewilligung der Pflegekinderaufnahme zum Zweck der späteren Adoption.


§ 34

Aufsicht

Für die Aufsicht über die Betreuungsperson (Beiständin oder Beistand, Vormundin oder Vormund) gelten sinngemäss die Bestimmungen der §§ 39 Unterabsätze d und e sowie 40 Unterabsätze b und c.

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§ 35

Rechtsschutz 1 Gegen Entscheide der Vormundschaftsbehörde betreffend Kindesrecht, Kindesschutz und Schutz des Kindesvermögens ist die Verwaltungsbeschwerde an die Regierungsstatthalterin oder den Regierungsstatthalter zulässig. 2 Die Wahl der Betreuungsperson kann bei der Vormundschaftsbehörde abgelehnt oder angefochten werden. Hält die Vormundschaftsbehörde an der getroffenen Wahl fest, unterbreitet sie die Angelegenheit mit ihrer Stellungnahme der Regierungsstatthalterin oder

dem Regierungsstatthalter zum Entscheid. 3 Gegen die Handlungen der Betreuungsperson ist die Beschwerde an die Vormundschaftsbehörde zulässig (Art. 420 Abs. 1 ZGB). Gegen deren Beschwerdeentscheid ist

die Verwaltungsbeschwerde an die Regierungsstatthalterin oder den Regierungsstatthalter zulässig (Art. 420 Abs. 2 ZGB). 4 Gegen die Entscheide der Regierungsstatthalterin oder des Regierungsstatthalters ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde (§§ 156 ff. VRG) an das Obergericht zulässig. Dem Obergericht steht auch die Ermessenskontrolle zu. 5 Die Anfechtungs- oder Beschwerdefristen betragen zehn Tage.


§ 36

Kommission für Jugendfragen 1 Der Regierungsrat ernennt zur Wahrung der Anliegen der Jugend und zur Sicherung einer zweckmässigen Zusammenarbeit der Behörden und Institutionen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Kindesschutzes, des Jugendstrafrechts und der übrigen Jugendhilfe im Sinn von Artikel 317 ZGB eine kantonale Kommission für Jugendfragen. 2 Die Kommission besteht aus 13-17 Mitgliedern. Bei der Zusammensetzung sind die Regionen, die staatlichen, kirchlichen und privaten Institutionen der Jugendhilfe sowie die Jugendorganisationen angemessen zu berücksichtigen.


3. Vormundschaft a. Vormundschaftliche Behörden § 37

Vormundschaftsbehörde Vormundschaftsbehörde ist der Gemeinderat des Wohnsitzes. Vorbehalten bleibt eine andere Regelung gestützt auf § 8 Absatz 3.


§ 38

Aufsichtsbehörde Aufsichtsbehörde ist die Regierungsstatthalterin oder der Regierungsstatthalter.

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b. Zuständigkeit der vormundschaftlichen Behörden § 39

Zuständigkeit der Vormundschaftsbehörde Die Vormundschaftsbehörde ist in folgenden Fällen zuständig: a. Wahrnehmung der ihr durch das ZGB oder andere Erlasse zugewiesenen Aufgaben, b. Anordnung und Aufhebung vormundschaftlicher Massnahmen, c. Ernennung der Betreuungsperson (Vormundin oder Vormund, Beirätin oder Beirat sowie Beiständin oder Beistand), d. Aufsicht über die Betreuungsperson sowie über die von der vormundschaftlichen Massnahme betroffene Person, e. Entgegennahme und Genehmigung der von der Betreuungsperson vorgelegten Rechnungen und Rechenschaftsberichte.


§ 40

Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde Die Aufsichtsbehörde ist in folgenden Fällen zuständig: a. Wahrnehmung der ihr durch das ZGB oder andere Erlasse zugewiesenen Aufgaben, b. Überwachung der vormundschaftlichen Aufgabenerfüllung und der angeordneten Massnahmen,

c. Überwachung der Sicherung und Verwaltung des Vermögens der von vormundschaftlichen Massnahmen betroffenen Personen sowie der rechtzeitigen Rechnungs-

ablage.


c. Rechtsschutz § 41

a. Anordnung und Aufhebung vormundschaftlicher Massnahmen 1 Gegen Entscheide der Vormundschaftsbehörde betreffend Anordnung oder Aufhebung vormundschaftlicher Massnahmen ist die Verwaltungsbeschwerde an das Justiz- und Sicherheitsdepartement zulässig. 2 Gegen Entscheide des Justiz- und Sicherheitsdepartementes ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde (§§ 156 ff. VRG) an das Obergericht zulässig. Dem Obergericht steht

auch die Ermessenskontrolle zu. 3 Die Beschwerdefristen betragen zehn Tage.


§ 42

b. Andere Entscheide und Beschlüsse, Handlungen 1 Die Wahl der Betreuungsperson kann bei der Vormundschaftsbehörde abgelehnt oder angefochten werden. Hält die Vormundschaftsbehörde an der getroffenen Wahl fest, unterbreitet sie die Angelegenheit mit ihrer Stellungnahme der vormundschaftlichen Auf-

sichtsbehörde zum Entscheid.

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Nr. 200

2 Gegen die Handlungen der Betreuungsperson ist die Beschwerde an die Vormundschaftsbehörde zulässig (Art. 420 Abs. 1 ZGB). Gegen deren Beschwerdeentscheid und

deren übrige Beschlüsse ist die Verwaltungsbeschwerde an die vormundschaftliche Aufsichtsbehörde zulässig (Art. 420 Abs. 2 ZGB). 3 Gegen die Entscheide der Aufsichtsbehörde ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde (§§ 156 ff. VRG) an das Obergericht zulässig. Dem Obergericht steht auch die Ermessenskontrolle zu. 4 Die Anfechtungs- oder Beschwerdefristen betragen zehn Tage.


d. Anordnung und Aufhebung vormundschaftlicher Massnahmen § 43

Begehren

1 Begehren um Anordnung oder Aufhebung vormundschaftlicher Massnahmen sind bei der Vormundschaftsbehörde einzureichen. 2 Zur Antragstellung berechtigt sind auch die von der vormundschaftlichen Massnahme betroffene Person, deren Ehegattin oder -gatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner sowie die nach Artikel 328 Absatz 1 ZGB unterstützungspflichtigen

Verwandten.35


§ 44

Mündliche Befragung 1 Vor der Anordnung oder Aufhebung vormundschaftlicher Massnahmen ist die betroffene Person vorzuladen und über die Tatsachen zu befragen, die zur Einleitung des Ver-

fahrens Anlass gegeben haben. 2 Die Befragung kann durch eine Delegation der Vormundschaftsbehörde, welcher mindestens ein Behördenmitglied angehört, durchgeführt werden.


§ 45

Begutachtung Vor der Anordnung oder Aufhebung vormundschaftlicher Massnahmen wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche ist das Gutachten einer oder eines Sachverständigen

einzuholen.


§ 46

Verfahrenskosten 1 Wird dem Antrag auf Anordnung vormundschaftlicher Massnahmen entsprochen, werden die Verfahrenskosten der von der Massnahme betroffenen Person auferlegt.

35 Fassung gemäss Änderung vom 11. September 2006, in Kraft seit dem 1. Januar 2007 (G 2006 316).

Nr. 200

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2 Wird dem Antrag nicht entsprochen, können die Kosten bei mutwilliger Verfahrenseinleitung der oder dem antragstellenden Familienangehörigen auferlegt werden. 3 Die Kosten bei Verfahren um Aufhebung vormundschaftlicher Massnahmen trägt die von der Massnahme betroffene Person. Vorbehalten bleibt die Regelung von Absatz 2.


§ 47

Kosten der Massnahme Die Kosten der vormundschaftlichen Massnahme sind in erster Linie von der betroffenen Person und in zweiter Linie vom unterstützungspflichtigen Gemeinwesen zu tragen.

Vorbehalten bleibt die Unterhalts- und Unterstützungspflicht der Angehörigen und der Verwandten.


e. Betreuungsperson § 48

Berufsmässige Betreuungsperson Die Vormundschaftsbehörde kann als Betreuungspersonen unter Vorbehalt der Artikel 380 und 381 ZGB für diese Funktion ausgebildete und für die konkrete Aufgabe geeignete Fachleute ernennen.


§ 49

Ablehnungsrecht Die Mitglieder des Regierungsrates, des Obergerichts und des Verwaltungsgerichts können die Übernahme eines vormundschaftlichen Amtes ablehnen.


f. Verantwortlichkeit § 50
Für den Schaden, der durch die Betreuungsperson oder die Vormundschaftsbehörde nicht gedeckt wird, haftet im Sinn von Artikel 427 Absatz 2 ZGB die beteiligte Gemeinde.

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4. Fürsorgerische Freiheitsentziehung a. Anordnung und Aufhebung § 51

Zuständigkeit a. bei Unmündigen 1 Die Vormundschaftsbehörde ist zuständig für die Anordnung oder die Aufhebung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung gegenüber Unmündigen. 2 Diese Massnahme kann auch von der Regierungsstatthalterin oder dem Regierungsstatthalter angeordnet oder aufgehoben werden, wenn sie oder er sich als vormund-

schaftliche Aufsichtsbehörde mit einem Unmündigen zu befassen hat.


§ 52

b. bei Mündigen oder Entmündigten Die Regierungsstatthalterin oder der Regierungsstatthalter ist zuständig für die Anordnung oder die Aufhebung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung gegenüber Mündigen

oder Entmündigten.


§ 53

Vorsorgliche Anordnung 1 Ist Gefahr im Verzug, kann die fürsorgerische Freiheitsentziehung vorsorglich von jeder Ärztin oder jedem Arzt, die oder der in der Schweiz zur Berufsausübung zugelassen

ist, angeordnet werden. Vorbehalten bleibt insbesondere die Zuständigkeit der Vormundin oder des Vormunds gemäss den Artikeln 405a und 406 ZGB und der Sozialvorstehe-

rin oder des Sozialvorstehers bei Unmündigen. 2 Über die Aufhebung einer vorsorglich angeordneten fürsorgerischen Freiheitsentziehung entscheidet die Leitung der stationären Einrichtung. 3 Eine durch vorsorgliche Anordnung in einer stationären Einrichtung untergebrachte oder zurückbehaltene Person ist, sobald es ihr Zustand erlaubt, spätestens aber nach 30 Tagen zu entlassen, sofern die zuständige Behörde nicht innerhalb dieser Frist im ordentlichen Verfahren die Weiterführung der Massnahme angeordnet hat.


§ 54

Überprüfung der Notwendigkeit der angeordneten Massnahme 1 Die für die Aufhebung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung zuständige Behörde prüft mindestens alle sechs Monate, ob die Unterbringung oder Zurückbehaltung in der stationären Einrichtung weiterhin notwendig ist. 2 Die für die Anordnung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung geltenden Verfahrensvorschriften finden Anwendung.

Nr. 200

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§ 55

Orientierung der Vormundschaftsbehörde Die für die betroffene Person zuständige Vormundschaftsbehörde ist rechtzeitig über die Aufhebung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung zu orientieren, sofern weitere Hilfe angezeigt erscheint.


§ 56

Anträge und Auskünfte Amts- und Fürsorgestellen, Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker sind vom Amts- und Berufsgeheimnis entbunden, wenn sie Anträge an die Vormundschaftsbehörde sowie die Regierungstatthalterin oder den Regierungsstatthalter stellen

oder diesen Behörden Auskünfte erteilen.


§ 57

Polizeiliche Hilfe Für den Vollzug der fürsorgerischen Freiheitsentziehung kann die Hilfe der Polizei in Anspruch genommen werden.


b. Untersuchung, Behandlung und Pflege § 58

Grundsatz

1 Personen, die sich aufgrund einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung in einer stationären Einrichtung befinden, dürfen gegen ihren Willen untersucht, behandelt und gepflegt

werden, wenn dies im Interesse der Patientin oder des Patienten notwendig ist, in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Einweisungsgrund steht und verhältnismässig ist. 2 Die Leitung der stationären Einrichtung entscheidet über die erforderlichen Handlungen und Massnahmen.


§ 59

Dokumentation 1 Die Akten über die Untersuchung, Behandlung und Pflege umfassen die Sachverhaltsfeststellungen der behandelnden Personen samt Anamnese, Krankheitsverlauf und Diag-

nose, die angeordneten Handlungen und Massnahmen sowie Ablauf und Gegenstand der Aufklärung. 2 Die ohne die Zustimmung der betroffenen Person oder ihrer gesetzlichen Vertretung vorgenommenen Handlungen und Massnahmen werden in einem besonderen Verzeichnis festgehalten.


§ 60

Einsicht

1 Den betroffenen Personen und den von ihnen Bevollmächtigten ist auf Verlangen Einsicht in die sie betreffenden Unterlagen zu geben, und es sind ihnen die Eintragungen

20

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auf Wunsch zu erläutern. Den gesetzlichen Vertreterinnen und Vertretern von Urteilsunfähigen wird auf Verlangen Einsicht gewährt, soweit die Interessen der betroffenen Per-

son nicht entgegenstehen. 2 Das Einsichtsrecht ist eingeschränkt, soweit besonders schützenswerte Interessen Dritter dies erfordern. 3 Droht einer betroffenen Person durch die Einsicht schwerer gesundheitlicher Schaden, kann das Einsichtsrecht beschränkt werden.


§ 61

Mitteilung

Die betroffenen Personen oder bei deren Urteilsunfähigkeit die gesetzliche Vertreterin oder der gesetzliche Vertreter sind so rasch wie möglich über Handlungen und Massnahmen und deren Begründung zu unterrichten, bei denen von der Zustimmung der Be-

troffenen abgesehen worden ist.


c. Verfahren § 62

Grundsatz

Das Verfahren bei der Anordnung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung und deren Aufhebung richtet sich nach den Bestimmungen des VRG, soweit das ZGB oder dieses Gesetz nichts anderes bestimmen.


§ 63

Anhörung

1 Die Vormundschaftsbehörde und die Regierungsstatthalterin oder der Regierungsstatthalter hören ausser der betroffenen Person, soweit erforderlich, auch die ihr nahe ste-

henden Personen sowie Behörden und Stellen an, die sich mit ihr befassen. 2 Die vorsorglich einweisenden Ärztinnen oder Ärzte müssen die betroffenen Personen persönlich untersuchen und anhören.


d. Rechtsschutz § 64
36 1 Die betroffene oder eine ihr nahe stehende Person kann gegen Entscheide über die fürsorgerische Freiheitsentziehung innert zehn Tagen seit der Eröffnung des Entscheids das

Bezirksgericht anrufen, welches am Ort der stationären Einrichtung zuständig ist. Liegt Bezirksgericht 36 Fassung gemäss Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil- und Strafverfahren vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 129).

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die stationäre Einrichtung ausserhalb des Kantons, ist das Bezirksgericht jenes Gerichtsbezirkes zuständig, in dem der Wohnsitz der betroffenen Person liegt. 2 Für das Verfahren gelten sinngemäss die Bestimmungen des VRG, soweit das ZGB oder dieses Gesetz nichts anderes bestimmen.


§ 65

Offizialtätigkeit 1 Der Sachverhalt ist von Amtes wegen abzuklären. 2 Amts- und Fürsorgestellen, Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker sind für Auskünfte vom Amts- und Berufsgeheimnis entbunden.
3 Das Bezirksgericht holt das psychiatrische Gutachten gemäss Artikel 397e Ziffer 5 ZGB vor, spätestens jedoch an der Verhandlung ein.37 § 66

Verhandlung, persönliche Befragung und Entscheid 1 Das Bezirksgericht führt spätestens fünf Arbeitstage nach Eingang des Gesuchs um Überprüfung die Verhandlung durch und befragt die betroffene Person persönlich.38 2 Die Befragung erfolgt in der Regel im Beisein der oder des Sachverständigen.

3 Das Bezirksgericht fällt nach der Verhandlung unverzüglich den Entscheid, sofern keine weiteren Beweise zu erheben sind.39


§ 67

Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Obergericht 1 Gegen Entscheide des Bezirksgerichtes kann innert zehn Tagen seit Eröffnung beim Obergericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde (§§ 156 ff. VRG) eingereicht werden. Dem Obergericht steht auch die Ermessenskontrolle zu.40 2 Für das Verfahren vor Obergericht gelten die Bestimmungen des VRG, soweit das ZGB nichts anderes bestimmt, sowie § 65 Absätze 1 und 2 dieses Gesetzes.


§ 68

Nichtöffentlichkeit Das Verfahren vor den Gerichtsbehörden ist nicht öffentlich.

37 Fassung gemäss Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil- und Strafverfahren vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 129).

38 Fassung gemäss Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil- und Strafverfahren vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 129).

39 Fassung gemäss Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil- und Strafverfahren vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 129).

40 Fassung gemäss Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil- und Strafverfahren vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 129).

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§ 69

Anordnungen über Untersuchung, Behandlung und Pflege 1 Gegen Anordnungen und Handlungen in Anwendung der §§ 58 ff. kann innert 20 Tagen beim Gesundheits- und Sozialdepartement Verwaltungsbeschwerde eingereicht

werden. 2 Gegen den Entscheid des Gesundheits- und Sozialdepartementes ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig.


e. Kosten der Massnahme § 70
Die Kosten der fürsorgerischen Freiheitsentziehung sind in erster Linie von der betroffenen Person und in zweiter Linie vom unterstützungspflichtigen Gemeinwesen zu tra-

gen. Vorbehalten bleibt die Unterhalts- und Unterstützungspflicht der Angehörigen und der Verwandten.


VI. Erbrecht 1. Erbrecht des Gemeinwesens § 71
Hinterlässt die Erblasserin oder der Erblasser keine erbberechtigten Personen, fällt die Erbschaft zu zwei Dritteln an den Kanton und zu einem Drittel an die Einwohnergemeinde des letzten Wohnsitzes.


2. Sicherung des Erbgangs § 72

Inventar

1 Die Teilungsbehörde hat in jedem Fall ein Inventar aufzunehmen. Das Inventar muss eine Aufstellung über die Vermögenswerte und die Schulden der Erblasserin oder des Erblassers enthalten. 2 Wer über die Vermögensverhältnisse der Erblasserin oder des Erblassers Angaben machen kann, ist zur wahrheitsgetreuen Auskunftserteilung verpflichtet. § 71 Absatz 3

VRG ist anwendbar.

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§ 73

Siegelung der Erbschaft Die Teilungsbehörde ordnet die Siegelung der Erbschaft an, wenn sie dies als notwendig erachtet oder wenn eine erbberechtigte Person sie verlangt.


3. Öffentliches Inventar § 74

Zuständigkeit 1 Die Teilungsbehörde erstellt das öffentliche Inventar. 2 Sie kann eine Erbschaftsverwalterin oder einen Erbschaftsverwalter damit beauftragen.

Die beauftragte Person hat dieselben Befugnisse wie die Teilungsbehörde.


§ 75

Verwaltung der Erbschaft 1 Die Teilungsbehörde verwaltet die Erbschaft, bis sich die Erbberechtigten gemäss Artikel 588 ZGB erklärt haben. 2 Geld, Wertpapiere und weitere Gegenstände, die leicht entwendet werden können, sind nach ihrer Inventarisierung sicher zu verwahren. 3 Inventarstücke, deren Aufbewahrung unverhältnismässige Kosten verursacht oder mit wesentlichen Nachteilen verbunden ist, können öffentlich versteigert werden. Rasch verderbliche Waren dürfen auch freihändig verkauft werden.


§ 76

Erbanfall an das Gemeinwesen Fällt die Erbschaft an das Gemeinwesen, finden die Bestimmungen über das öffentliche Inventar sinngemäss Anwendung.


4. Amtliche Mitwirkung bei der Erbteilung § 77
Die Teilungsbehörde hat zusätzlich zu den in Artikel 609 Absatz 1 ZGB erwähnten Fällen bei der Erbteilung mitzuwirken, wenn

a. eine erbberechtigte Person es verlangt, b. Minderjährige, Bevormundete oder Personen mit unbekanntem Aufenthalt erbberechtigt sind.

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...41 §§ 78-80

42


6. Schatzungen § 81
Die in Artikel 618 ZGB und in den Artikeln 17, 18 und 21 BGBB vorgesehenen Schatzungen werden nach den Vorschriften des kantonalen Schatzungsgesetzes vom 27. Juni

196143

7. Aufsicht durchgeführt.


§ 82
1 Die Regierungsstatthalterin oder der Regierungsstatthalter ist Aufsichtsbehörde über die Teilungsbehörde. 2 Die Teilungsbehörde ist Aufsichtsbehörde über a. die Willensvollstreckerinnen und -vollstrecker, b. die Erbschaftsverwalterinnen und -verwalter, c. die Erbenvertreterinnen und -vertreter. 3 Zu den Aufgaben der Aufsichtsbehörde gehört insbesondere die Beurteilung von Beschwerden gegen das formelle Vorgehen und die Geschäftstätigkeit der in den Absätzen

1 und 2 genannten Behörden und Organe. 4 Beschwerdeentscheide der Teilungsbehörde sind bei der Regierungsstatthalterin oder beim Regierungsstatthalter anfechtbar. Diese entscheiden endgültig.

41 Der Zwischentitel «5. Bäuerliches Erbrecht» wurde durch das Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil- und Strafverfahren vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 129), aufgehoben.

42 Aufgehoben durch Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil- und Strafverfahren vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 129).

43 SRL Nr. 626

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8. Rechtsschutz § 83
1 Gegen Entscheide der Teilungsbehörde ist die Verwaltungsbeschwerde an die Regierungsstatthalterin oder den Regierungsstatthalter zulässig. 2 Gegen Entscheide der Regierungsstatthalterin oder des Regierungsstatthalters ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde (§§ 156 ff. VRG) an das Obergericht zulässig. Dem Obergericht steht auch die Ermessenskontrolle zu.


VII. Sachenrecht 1. Allgemeines § 84

Rechtsverhältnisse an neu gebildetem Land 1 Entsteht durch Anschwemmung, Anschüttung, Bodenverschiebung, Veränderungen im Lauf oder Stand eines öffentlichen Gewässers oder in anderer Weise aus herrenlosem Boden der Ausbeutung fähiges Land, gehört es dem Kanton. 2 Der Regierungsrat kann solches Land an Dritte veräussern. 3 Falls der Kanton das Land veräussert, hat die Anstösserin oder der Anstösser ein Vorkaufsrecht.


§ 85

Dauernde Bodenverschiebung Die Gebiete mit dauernder Bodenverschiebung gemäss Artikel 660a ZGB werden im Rahmen der Grundbuchvermessung bezeichnet.


2. Nachbarrecht § 86

Grenzabstand bei Gewächsen 1 Der Grenzabstand ist die Distanz zwischen der Grenze und der Mitte des Stamms, bei Sträuchern und Hecken des grenznächsten Stamms, am Boden waagrecht zur Grenze gemessen. 2 Der Grenzabstand beträgt a. 3 m für hoch- und 2 m für niederstämmige Obstbäume, b. 6 m für Nuss-, Kastanien- und alle übrigen hochstämmigen Bäume,

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c. 0,5 m für Zwergbäume, Sträucher, Grünhecken und Reben sowie jegliche Pflanzungen gegenüber Wald.

3 Wachsen Zwergbäume, Sträucher, Grünhecken und Reben höher als 1 m, hat der Grenzabstand bis auf 4 m mindestens die Hälfte ihrer Höhe zu betragen, und sie sind entsprechend zurückzuschneiden. 4 Werden Bäume, Sträucher, Grünhecken und Reben, die zu nahe an der Grenze stehen, von der Nachbarin oder vom Nachbarn während zehn Jahren geduldet, gelten sie als zugelassen und bleiben als solche in ihrem Bestand, nicht aber in ihrem Ausmass ge-

schützt. Wenn zugelassene Gewächse eingehen, ist für Neupflanzungen wieder der gesetzliche Grenzabstand zu wahren. 5 Vorbehalten bleiben anders lautende Bestimmungen des öffentlichen Rechts.


§ 87

Nachbarliches Zutrittsrecht 1 Die Grundeigentümerin oder der Grundeigentümer ist berechtigt, Nachbargrundstücke zu betreten oder vorübergehend zu benützen, wenn dies erforderlich ist, um eine Baute oder Anlage zu erstellen oder zu unterhalten oder Bäume, Sträucher, Hecken oder Reben zu schneiden. 2 Die berechtigte Person hat den Nachbarinnen und Nachbarn das Vorhaben rechtzeitig anzuzeigen. Sie hat die Arbeiten mit grösstmöglicher Sorgfalt auszuführen und einen allfälligen Schaden am Nachbargrundstück zu ersetzen. 3 Das Gericht entscheidet bei Streitigkeiten über Bestand und Umfang des nachbarlichen Zutrittsrechts. Es kann die Zutrittsberechtigten auf Begehren der Grundeigentümerin oder des Grundeigentümers zu einer angemessenen Sicherheitsleistung verpflichten.


§ 88

Holztransportrecht Wer für den Holztransport keine genügende Verbindung mit einer öffentlichen Strasse hat, ist berechtigt, beim Gericht die Einräumung eines Holztransportrechts gegen volle Entschädigung zu verlangen. Der Transport ist mit grösstmöglicher Sorgfalt auszuführen.


§ 89

Einfriedungen 1 Wer durch die Art der Benützung seines Grundstücks eine Einfriedung (Zaun, Mauer, Grünhecke und dergleichen) notwendig macht, hat diese zu erstellen und zu unterhalten. 2 Trifft das für zwei aneinander grenzende Grundstücke zu, haben deren Eigentümerinnen und Eigentümer die Einfriedungen längs der gemeinsamen Grenze je hälftig zu

erstellen und zu unterhalten.

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3. Veröffentlichung von Eigentumsübertragungen an Grundstücken § 90
1 Der Erwerb von Eigentum an Grundstücken ist nach dem Eintrag im Grundbuch vom Grundbuchamt mit den in Artikel 970a Absatz 2 ZGB vorgeschriebenen Angaben im Luzerner Kantonsblatt zu veröffentlichen. 2 Nicht veröffentlicht werden a. der Erwerb durch Erbgang, b. der Erwerb, wenn die betroffene Fläche weniger als 100 m2 beträgt und die Gegenleistung der Käuferschaft einen Wert von weniger als 50000 Franken hat.

3 Die Kosten der Veröffentlichung trägt, wer beim Grundbuchamt die Anmeldung der Eigentumsübertragung veranlasst.


4. Fahrnispfandrecht § 91

Viehverpfändung a. Zuständige Behörden 1 Das vom Regierungsrat bezeichnete Departement oder die von ihm bezeichnete Dienststelle ist zuständig, Geldinstituten und Genossenschaften die Bewilligung für Viehverpfändungsgeschäfte zu erteilen. 2 Das Betreibungsamt am Ort der Pfandsache führt das Verschreibungsprotokoll.


§ 92
44 Das zuständige Bezirksgericht ist Aufsichtsbehörde über das Betreibungsamt.


§ 93

Pfandleihgewerbe 1 Das vom Regierungsrat bezeichnete Departement oder die von ihm bezeichnete Dienststelle ist zuständig für die Bewilligung von Pfandleihbetrieben. Die Bewilligung wird nur öffentlichen Anstalten des Kantons und der Gemeinden oder gemeinnützigen Unternehmungen erteilt. 2 Der Regierungsrat kann weitere Vorschriften im Sinn von Artikel 915 ZGB erlassen.

44 Fassung gemäss Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden in Zivil- und Strafverfahren vom 10. Mai 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 (G 2010 129).

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VIII. Obligationenrecht 1. Amtliches Formular bei Abschluss eines Mietvertrags § 94
Im Fall von Wohnungsmangel kann der Regierungsrat für den Abschluss neuer Mietverträge im ganzen Kantonsgebiet oder Teilen davon die Verwendung des Formulars ge-

mäss Artikel 269d OR obligatorisch erklären.


2. Handelsregister § 95

Aufsicht


Das Justiz- und Sicherheitsdepartement45 § 96

ist kantonale Aufsichtsbehörde im Handelsregisterwesen.

46

Entscheide des Handelsregisteramtes und der Aufsichtsbehörde können innert 30 Tagen mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde (§ 156ff. VRG) beim Obergericht angefochten werden. Dem Obergericht steht auch die Ermessenskontrolle zu.


Rechtsschutz § 97

Ordnungsbussen Das Handelsregisteramt ist befugt, Ordnungsbussen gemäss Artikel 943 OR zu verfügen.


IX. Verordnungen des Regierungsrates § 98
1 Der Regierungsrat erlässt die Vollzugsbestimmungen. 2 Er regelt durch Verordnung insbesondere das Nähere über a. das Zivilstandswesen und die Eheschliessung, b. die Aufsicht über die Stiftungen und die Personalvorsorgeeinrichtungen, 45 Gemäss Änderung des Organisationsgesetzes vom 17. Februar 2003, in Kraft seit dem 1. Juli 2003 (G 2003 89), wurde die Bezeichnung «Wirtschaftsdepartement» durch «Justiz- und Sicherheitsdepartement» ersetzt.

46 Fassung gemäss Änderung vom 16. Juni 2008, in Kraft seit dem 1. Januar 2009 (G 2008 333).

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c. die Zuständigkeit und das Verfahren bei Adoptionen, d. die Bewilligung zur Aufnahme von Pflegekindern und die Beaufsichtigung der Pflegeverhältnisse,

e. die Kommission für Jugendfragen, f. das Vormundschaftswesen, namentlich die Aufnahme des öffentlichen Inventars, die Verwaltung, Anlage und Verwahrung des Vermögens von vormundschaftlichen Massnahmen Betroffener, die Rechnungsführung, die Rechnungsstellung und die Berichterstattung,

g. die fürsorgerische Freiheitsentziehung, h. das Verfahren in Erbschaftsfällen, i. das Verfahren bei freiwilligen öffentlichen Versteigerungen.


X. Schlussbestimmungen § 99

Aufhebung von Erlassen Folgende Erlasse werden aufgehoben: a. Gesetz betreffend die Einführung des schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 im Kanton Luzern vom 21. März 191147 b. Gesetz betreffend die Belastungsgrenze für Schuldbriefe vom 7. März 1939 ,

48

c. Dekret betreffend die Einführung des schweizerischen Obligationenrechts vom 30. März 1911/18. Dezember 1936, vom 29. November 1937 ,

49

d. Gesetz über die Gewährung von Ferien (Feriengesetz) vom 9. Mai 1972 ,

50


§ 100

Änderung von Erlassen .

Folgende Erlasse werden gemäss Anhang51 a. Gesetz über die Organisation von Regierung und Verwaltung (Organisationsgesetz) vom 13. März 1995

geändert:

52

b. Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972 ,

53

c. Gesetz über die Betreuung Erwachsener und die fürsorgerische Freiheitsentziehung vom 10. März 1981

,

54

47 G IX 186 (SRL Nr. 200) ,

48 G XII 216 (SRL Nr. 220) 49 G XII 142 (SRL Nr. 250) 50 G XVIII 174 (SRL Nr. 859) 51 Die Erlassänderungen, die der Grosse Rat am 20. November 2000 zusammen mit dem Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch beschlossen hat, bilden gemäss § 100 einen Bestandteil dieses Gesetzes. Sie wurden in einem Anhang wiedergegeben, der am 10. Februar 2001 in der Gesetzessammlung veröffentlicht wurde (G 2001 30). Bei der vorliegenden Ausgabe wird auf die Wiedergabe dieses Anhangs mit den Erlassänderungen verzichtet.

52 SRL Nr. 20

53 SRL Nr. 40

54 SRL Nr. 209

30

Nr. 200

d. Dekret über die Grundbuchvermessung vom 18. Februar 193055 e. Gesetz über die Gerichtsorganisation vom 28. Januar 1913 ,

56

f. Gesetz über die Zivilprozessordnung vom 27. Juni 1994 ,

57

g. Gesetz über den Schutz der Kulturdenkmäler vom 8. März 1960 ,

58

h. Gesetz betreffend die Erbschaftssteuern vom 27. Mai 1908 ,

59

i. Gesetz betreffend das Berg-Regal vom 6. März 1918 ,

60

k. Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 30. März 1998

,

61

l. Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer vom 27. Januar 1997

,

62

m. Planungs- und Baugesetz vom 7. März 1989 ,

63

n. Gesetz über den Feuerschutz vom 5. November 1957 ,

64

o. Gebäudeversicherungsgesetz vom 29. Juni 1976 ,

65

p. Strassengesetz vom 21. März 1995 ,

66

q. Gesetz über den Wasserbau und die Wasserkraft (Wasserbaugesetz) vom 30. Januar 1979

,

67

r. Gesetz über die Nutzung des Grundwassers vom 14. September 1965 ,

68

s. Wasserversorgungsgesetz vom 20. September 1971 ,

69

t. Kantonales Landwirtschaftsgesetz vom 12. September 1995 ,

70

u. Kantonales Waldgesetz vom 1. Februar 1999 ,

71


§ 101

Genossenschaften .

Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehenden öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Genossenschaften werden als Genossenschaften des kantonalen Rechts anerkannt, sofern der Regierungsrat ihre Statuten genehmigt hat.

55 SRL Nr. 240

56 SRL Nr. 260

57 SRL Nr. 260a

58 SRL Nr. 595

59 SRL Nr. 630

60 SRL Nr. 670

61 SRL Nr. 700

62 SRL Nr. 702

63 SRL Nr. 735

64 SRL Nr. 740

65 SRL Nr. 750

66 SRL Nr. 755

67 SRL Nr. 760

68 SRL Nr. 769

69 SRL Nr. 770

70 SRL Nr. 902

71 SRL Nr. 945

Nr. 200

31


§ 102


Naturschutzverordnungen Die in Anwendung von § 99 des EGZGB72 § 103

Handänderungs- und Hypothekarwesen vom 21. März 1911 ergangenen Erlasse behalten weiterhin ihre Gültigkeit.

1 Das Gesetz über das Handänderungs- und Hypothekarwesen vom 6. Juni 186173 2 Die Erlasse über die Einzinserei im Hypothekarwesen bleibt

insoweit in Kraft, als das ZGB für altrechtliche Pfandrechte das bisherige kantonale Recht vorbehält.

74


§ 104

Zehntrecht

bleiben für die bestehenden Einzinsereien, insbesondere für die Ablösung von Grundpfandrechten durch die Einzinserkasse auf Verlangen der Schuldnerin oder des Schuldners, in Kraft.

Das Zehntrecht bleibt bis zur Ablösung aller Zehnten in seinem bisherigen Bestand in Kraft.


§ 105

Luzernische Pfandrechte bei Teilverkauf und Zerstückelung Bei Teilverkauf oder Zerstückelung von Grundstücken werden die darauf haftenden, nach altem Recht bestellten Pfandrechte bezüglich Folgen des Teilverkaufs oder der Zerstückelung wie Schuldbriefe behandelt.


§ 106

Pfandstelle

1 Bei der Löschung von Gülten und gültähnlichen Titeln des luzernischen Rechts entsteht eine Pfandstelle im Sinn von Artikel 814 ZGB. 2 Bei Abzahlung von Zahlungsbriefen rücken die nachfolgenden Grundpfandgläubiger alten und neuen Rechts in die Lücke nach. Das gilt auch nach dem 1. Januar 1917, insofern das Recht des Nachrückens im Hypothekarprotokoll vorgemerkt wird. Die nachfol-

genden Grundpfandrechte des alten Rechts haben von Gesetzes wegen Anspruch auf diese Vormerkung.


§ 107

Grundbuch

1 Bis zur Einführung des eidgenössischen Grundbuchs kommt die Grundbuchwirkung im Sinn von Artikel 48 des Schlusstitels zum ZGB in Bezug auf Entstehung, Abänderung 72 G IX 186 (SRL Nr. 200) 73 SRL Nr. 215

74 Gesetz über die Einzinserei im Hypothekarwesen vom 5. Oktober 1859 (G III 265 und Z IV 170; SRL Nr. 695); Dekret über die Anwendung des Einzinsergesetzes auf die Prioritätsgülten vom 6. März 1860 (G III 290 und Z IV 186; SRL Nr. 697); Nachtrag zum Gesetze über die Einzinserei im Hypothekarwesen vom 8. März 1871 (G V 330 und Z IV 236).

32

Nr. 200

und Löschung der dinglichen Rechte an Grundstücken der Eintragung in das Handänderungs- und Hypothekarprotokoll der Hypothekarkanzlei zu. Die Vorschriften über das

Tagebuch (Art. 948 und 972 ZGB) sind sinngemäss anwendbar. 2 ...75 3 Das Obergericht regelt durch Verordnung das Verfahren und die Form, in der die bisherigen Handänderungs- und Hypothekarprotokolle der Gemeindekanzleien bis zur Ein-

führung des Grundbuchs weiterzuführen sind.


§ 108

Aufhebung altrechtlicher Institute Der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt der Aufhebung der §§ 103-107.


§ 109

Hängige Verfahren Die Zuständigkeit der Instanz, bei welcher ein Verfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes hängig ist, besteht nach bisherigem Recht fort. Der Weiterzug allfälliger Entscheide richtet sich nach der neuen Ordnung.


§ 110

Vollzug

Insoweit und solange die neuen Anwendungs- und Ausführungsbestimmungen nicht erlassen sind, gelten die bisherigen Vorschriften weiter, sofern sie diesem Gesetz nicht

widersprechen.


§ 111

Inkrafttreten Das Gesetz tritt unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Bund76 am 1. Januar 2002 in Kraft. Es unterliegt dem fakultativen Referendum77 Luzern, 20. November 2000 .

Im Namen des Grossen Rates Der Präsident: Ruedy Scheidegger Der Staatsschreiber: Viktor Baumeler 75 Aufgehoben durch Geoinformationsgesetz vom 8. September 2003, in Kraft seit dem 1. Januar 2004 (G 2003 321).

76 Vom Bund genehmigt am 22. Januar 2001.

77 Die Referendumsfrist lief am 24. Januar 2001 unbenützt ab (K 2001 166).

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