Nr. 23 Haftungsgesetz vom 13. September 1988* Der Grosse Rat des Kantons Luzern, (Stand 1. Januar 2003) nach Einsicht in die Botschaft des Regierungsrates vom 11. Juli 1986 1
beschliesst: ,
I. Allgemeine Bestimmungen § 1
Zweck und Geltungsbereich 1 Das Gesetz regelt die Haftung für Schäden, die Angestellte (eingeschlossen die Lehrpersonen und die Fachpersonen der schulischen Dienste) im öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis in Ausübung amtlicher Verrichtungen verursachen.
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2 Soweit das Gesetz keine besonderen Vorschriften enthält, gelten die Bestimmungen über die Angestellten auch für a. privatrechtlich Angestellte des Gemeinwesens, b. Mitglieder der gesetzgebenden, vollziehenden und richterlichen Behörden sowie der Kommissionen,
c. weitere Personen und Organisationen, soweit sie mit amtlichen Verrichtungen betraut sind, und deren Angestellte.
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3 Besondere Bestimmungen des kantonalen und des Bundesrechts bleiben vorbehalten.
Gemeinwesen
Gemeinwesen sind der Kanton, die Gemeinden, die Gemeindeverbände und die Landeskirchen sowie deren rechtsfähige Anstalten.
* K 1988 1251 und G 1988 157 1 GR 1986 682
2 Fassung gemäss Personalgesetz vom 26. Juni 2001, in Kraft seit dem 1. Januar 2003 (G 2002 305).
3 Fassung gemäss Personalgesetz vom 26. Juni 2001, in Kraft seit dem 1. Januar 2003 (G 2002 305).
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Ergänzendes Recht Soweit das Gesetz keine eigenen Regelungen enthält, gelten die Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts, insbesondere Artikel 41 ff. OR 4
II. Haftung der Gemeinwesen , als ergänzendes
kantonales Recht.
Widerrechtliche Schädigung Dritter 1 Das Gemeinwesen haftet für den vollen Schaden, den ein Angestellter5 2 Wird ein Entscheid im Rechtsmittelverfahren geändert, haftet das Gemeinwesen nur beim Nachweis, dass der Angestellte oder die Behörde die Widerrechtlichkeit beabsichtigt hat. Die Rechtmässigkeit rechtskräftiger Entscheide kann im Haftpflichtverfahren nicht überprüft werden.
einem Dritten
in Ausübung amtlicher Verrichtungen widerrechtlich zufügt, sofern es nicht nachweist, dass dem Angestellten kein Verschulden zur Last fällt. Urteilsunfähigkeit des Angestellten hebt die Haftpflicht nicht auf.
3 Bei Selbstverschulden des geschädigten Dritten wird der Schadenersatz herabgesetzt.
4 Der Dritte hat gegen den Angestellten keinen Anspruch.
Rechtmässige Schädigung Dritter 1 Für Schaden aus rechtmässigem Handeln haftet das Gemeinwesen nur nach besonderer gesetzlicher Vorschrift.
2 In besonderen Fällen, namentlich bei einer Schädigung infolge eines rechtmässigen Polizeieinsatzes, kann das Gemeinwesen nach Billigkeit Ersatz leisten.
Haftpflichtige Gemeinwesen 1 Haftpflichtig ist das Gemeinwesen, welches den Angestellten gewählt oder weitere Personen und Organisationen im Sinne des § 1 Absatz 2c mit amtlichen Verrichtungen betraut hat.
2 Mehrere Gemeinwesen haften solidarisch.
4 SR 220
5 Gemäss Personalgesetz vom 26. Juni 2001, in Kraft seit dem 1. Januar 2003 (G 2002 305), wurde in den §§ 4, 6 und 9-12 sowie im Titel vor § 10 die Bezeichnung «Beamter» durch «Angestellter» ersetzt.
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Zuständigkeit und Verfahren Für die Zuständigkeit und das Verfahren gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung 6
Verjährung
.
1 Die Schadenersatzforderung gegen das Gemeinwesen verjährt innert zwei Jahren seit Kenntnis des Schadens und des haftpflichtigen Gemeinwesens, spätestens aber zehn Jahre nach der schädigenden Handlung.
2 Stellt die schädigende Handlung ein Verhalten dar, für welches das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht, gilt sie auch für die Verjährung der Schadenersatzforderung gegen das Gemeinwesen.
Rückgriff auf beteiligte Gemeinwesen 1 Hat ein Gemeinwesen in Erfüllung seiner Haftpflicht Schadenersatz geleistet, kann es auf andere Gemeinwesen zurückgreifen, wenn sie ebenfalls haftpflichtig sind oder wenn der Angestellte in ihren Interessen gehandelt hat.
2 Das Verwaltungsgericht bestimmt die Höhe des Anspruchs nach freiem Ermessen. § 15 Absatz 2 und § 16 Absatz 2 sind anwendbar.
III. Haftung der Angestellten § 10
Direkte Schädigung des Gemeinwesens Der Angestellte haftet dem Gemeinwesen für den Schaden, den er ihm widerrechtlich und vorsätzlich oder grobfahrlässig verursacht hat.
Rückgriff bei widerrechtlicher Schädigung Dritter Hat das Gemeinwesen in Erfüllung seiner Haftpflicht Schadenersatz geleistet, greift es auf den Angestellten zurück, wenn er den Schaden widerrechtlich und vorsätzlich oder grobfahrlässig verursacht hat.
Gemeinsame Schadenverursachung Haben mehrere Angestellte den Schaden gemeinsam verursacht, haften sie anteilmässig nach der Grösse des Verschuldens.
6 SRL Nr. 260a
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Haftung weiterer Personen und Organisationen für Schaden aus amtlichen Verrichtungen 1 Weitere Personen und Organisationen im Sinne von § 1 Absatz 2c haften dem Gemeinwesen nach Zivilrecht, sofern keine besonderen Regelungen bestehen.
2 Ihre Angestellten haften dem Gemeinwesen gemäss den §§ 10 bis 12.
3 Haften Personen oder Organisationen gemeinsam mit ihren Angestellten, ist die Haftung solidarisch.
Verzicht auf die Ersatzforderung Das Gemeinwesen kann auf die Ersatzforderung ganz oder teilweise verzichten, wenn es unter Würdigung aller Umstände als gerechtfertigt erscheint. Dabei sind insbesondere der Hergang der Schädigung, das bisherige dienstliche Verhalten und eine allfällige finanzielle Notlage des Haftpflichtigen zu beachten.
Zuständigkeit und Verfahren 1 Die Ersatzforderung wird durch die oberste Verwaltungsbehörde des Gemeinwesens geltend gemacht. Richtet sich die Ersatzforderung gegen Mitglieder der obersten Verwaltungsbehörde, ist deren Aufsichtsbehörde zuständig.
2 Die Ersatzforderung wird im Klageverfahren gemäss Verwaltungsrechtspflegegesetz7 § 16
Verwirkung
geltend gemacht.
1 Die Schadenersatzforderung erlischt, wenn die Klage nicht innert zwei Jahren seit Kenntnis des Schadens und des Haftpflichtigen, spätestens aber fünf Jahre nach dem Eintritt des Schadens, eingereicht wird.
2 Die Rückgriffsforderung erlischt, wenn die Klage nicht innert Jahresfrist seit der Anerkennung des Schadenersatzanspruchs des Dritten durch das Gemeinwesen oder seit der rechtskräftigen Feststellung des Schadenersatzanspruchs eingereicht wird.
3 Diese Vorschriften werden auf Ersatzforderungen gegen weitere Personen und Organisationen im Sinne von § 1 Absatz 2c nicht angewendet.
7 SRL Nr. 40
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IV. Übergangs- und Schlussbestimmungen § 17
Änderung von Erlassen Folgende Erlasse werden geändert: a. Gesetz über die Rechtsstellung der obersten Verwaltungs- und Gerichtsbehörden (Behördengesetz) vom 17. November 1970 8
§§ 10 und 11
werden aufgehoben.
b. Gesetz über die Kantonspolizei vom 1. Dezember 1969 9
wird aufgehoben.
c. Gesetz über die Luzerner Kantonalbank (Kantonalbankgesetz) vom 19. Oktober 1982
10
§ 29
Absatz 1
1 Die Mitglieder des Bankrates und des Bankausschusses haften der Kantonalbank und dem Kanton nach dem Haftungsgesetz.
d. Gesetz über die Einführung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 10. Mai 1949
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3 Die Haftung des Kantons richtet sich ausschliesslich nach diesem Gesetz. 3 Die Haftung der Einwohnergemeinden richtet sich ausschliesslich nach diesem Gesetz.Hängige Verfahren Auf Verfahren, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, wird das bisherige Recht angewendet.
8 SRL Nr. 50
9 SRL Nr. 350
10 SRL Nr. 690
11 SRL Nr. 880
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Nr. 23
Inkrafttreten Das Gesetz tritt am 1. Januar 1990 in Kraft. Es unterliegt dem fakultativen Referendum 12
Luzern, 13. September 1988 .
Im Namen des Grossen Rates Der Präsident: Erwin Bachmann Der Staatsschreiber: Viktor Baumeler 12 Das Gesetz wurde am 24. September 1988 im Kantonsblatt veröffentlicht (K 1988 1251). Die Referendumsfrist lief am 23. November 1988 unbenützt ab.
Document Outline
- I. Allgemeine Bestimmungen
- § 1 Zweck und Geltungsbereich
- § 2 Gemeinwesen
- § 3 Ergänzendes Recht
- II. Haftung der Gemeinwesen
- § 4 Widerrechtliche Schädigung Dritter
- § 5 Rechtmässige Schädigung Dritter
- § 6 Haftpflichtige Gemeinwesen
- § 7 Zuständigkeit und Verfahren
- § 8 Verjährung
- § 9 Rückgriff auf beteiligte Gemeinwesen
- III. Haftung der Angestellten
- § 10 Direkte Schädigung des Gemeinwesens
- § 11 Rückgriff bei widerrechtlicher Schädigung Dritter
- § 12 Gemeinsame Schadenverursachung
- § 13 Haftung weiterer Personen und Organisationen für Schaden aus amtlichen Verrichtungen
- § 14 Verzicht auf die Ersatzforderung
- § 15 Zuständigkeit und Verfahren
- § 16 Verwirkung
- IV. Übergangs- und Schlussbestimmungen
- § 17 Änderung von Erlassen
- § 18 Hängige Verfahren
- § 19 Inkrafttreten