01.07.2016 - * / In Kraft
01.02.2011 - 30.06.2016
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1

Bundesgesetz über die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte politisch exponierter Personen (RuVG) vom 1. Oktober 2010 (Stand am 1. Februar 2011) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 28. April 20102, beschliesst: 1. Abschnitt: Gegenstand

Art. 1

Dieses Gesetz regelt die Sperrung, Einziehung und Rückerstattung von Vermögenswerten politisch exponierter Personen oder ihres Umfelds, wenn aufgrund des Versagens staatlicher Strukturen im ersuchenden Staat, in dem die politisch exponierte Person ihr öffentliches Amt ausübt oder ausgeübt hat (Herkunftsstaat), ein internationales Rechtshilfeersuchen in Strafsachen zu keinem Ergebnis führt.

2. Abschnitt: Sperrung

Art. 2

Voraussetzungen Der Bundesrat kann im Hinblick auf die Einleitung eines Einziehungsverfahrens nach diesem Gesetz die Sperrung von Vermögenswerten in der Schweiz verfügen, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: a. Die Vermögenswerte wurden im Rahmen eines auf Ersuchen des Herkunftsstaates eingeleiteten internationalen Rechtshilfeverfahrens in Strafsachen vorläufig sichergestellt.

b. Die Vermögenswerte unterliegen der Verfügungsmacht von: 1. Personen, die prominente öffentliche Funktionen im Ausland ausüben oder ausgeübt haben (politisch exponierte Personen), insbesondere Staats- oder Regierungschefinnen und -chefs, hohen Politikerinnen und Politikern, hohen Funktionärinnen und Funktionären in Verwaltung, Justiz, Militär und Parteien auf nationaler Ebene, Mitgliedern der obersten Organe staatlicher Unternehmen von nationaler Bedeutung, oder AS 2011 275

1 SR

101

2 BBl

2010 3309

196.1

Unrechtmässig erworbene Vermögenswerte 2

196.1

2. natürlichen oder juristischen Personen, die politisch exponierten Personen aus familiären, persönlichen oder geschäftlichen Gründen nahestehen (Umfeld).

c. Der Herkunftsstaat kann die Anforderungen an ein Rechtshilfeverfahren wegen des völligen oder weitgehenden Zusammenbruchs oder der mangelnden Verfügbarkeit seines Justizsystems nicht erfüllen (Versagen staatlicher Strukturen).

d. Die Wahrung der Schweizer Interessen erfordert die Sperrung dieser Vermögenswerte.


Art. 3

Dauer 1 Die Vermögenswerte bleiben bis zum rechtskräftigen Entscheid über ihre Einziehung gesperrt.

2

Wird innert zehn Jahren nach Eintritt der Rechtskraft der Sperrungsverfügung kein Einziehungsverfahren eingeleitet, so wird die Sperrung hinfällig.


Art. 4

Gütliche Einigung

1

Der Bundesrat kann das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) beauftragen, während der Sperrung eine gütliche Einigung zu suchen, die die vollständige oder teilweise Rückerstattung der gesperrten Vermögenswerte ermöglicht. Für diese Rückerstattung gelten die Artikel 8-10 sinngemäss.

2

Die gütliche Einigung bedarf der Genehmigung durch den Bundesrat.

3

Genehmigt der Bundesrat die gütliche Einigung, so hebt er die Sperrung auf.

3. Abschnitt: Einziehung

Art. 5

Verfahren 1 Der Bundesrat kann das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragen, vor dem Bundesverwaltungsgericht Klage auf Einziehung gesperrter Vermögenswerte zu erheben.

2

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über die Einziehung von Vermögenswerten, die:

a. der Verfügungsmacht einer politisch exponierten Person oder ihres Umfelds unterliegen;

b. unrechtmässig erworben wurden; und c. vom Bundesrat gestützt auf dieses Gesetz gesperrt wurden.

Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte politisch exponierter Personen. BG 3

196.1

3

Es kann keine Verjährung der Strafverfolgung oder der Strafe geltend gemacht werden.

4

Das Einziehungsverfahren wird bei einer Wiederaufnahme des internationalen Rechtshilfeverfahrens in Strafsachen bis zum rechtskräftigen Entscheid darüber ausgesetzt.


Art. 6

Vermutung der Unrechtmässigkeit 1

Es gilt die Vermutung, dass Vermögenswerte unrechtmässig erworben wurden, wenn:

a. das Vermögen der Person, deren Verfügungsmacht die Vermögenswerte unterliegen, im Zusammenhang mit der Ausübung des öffentlichen Amts durch die politisch exponierte Person ausserordentlich stark gestiegen ist; und

b. der Korruptionsgrad des Herkunftsstaats oder der betreffenden politisch exponierten Person während deren Amtszeit anerkanntermassen hoch war.

2

Die Vermutung wird umgestossen, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden kann, dass die Vermögenswerte rechtmässig erworben wurden.


Art. 7

Rechte Dritter

Nicht eingezogen werden können Vermögenswerte: a. an denen eine schweizerische Behörde Rechte geltend macht; oder b. an denen eine Person ausserhalb des Umfelds der politisch exponierten Person gutgläubig dingliche Rechte: 1. in der Schweiz erworben hat, oder 2. im Ausland erworben hat, sofern sie Gegenstand eines in der Schweiz

anerkennungsfähigen Urteils sind.

4. Abschnitt: Rückerstattung

Art. 8

Grundsatz Die Rückerstattung der eingezogenen Vermögenswerte hat zum Ziel: a. die Lebensbedingungen der Bevölkerung im Herkunftsstaat zu verbessern; oder b. die Rechtstaatlichkeit im Herkunftsland zu stärken und die Straflosigkeit von Verbrechen zu vermeiden.

Unrechtmässig erworbene Vermögenswerte 4

196.1


Art. 9

Verfahren 1 Die eingezogenen Vermögenswerte werden über die Finanzierung von Programmen von öffentlichem Interesse rückerstattet.

2

Die Einzelheiten der Rückerstattung können in einem Abkommen zwischen der Schweiz und dem Herkunftsstaat geregelt werden.

3

Ein solches Abkommen kann insbesondere regeln: a. die Art der Programme von öffentlichem Interesse, die mit den rückerstatteten Vermögenswerten unterstützt werden sollen;

b. die Verwendung der rückerstatteten Vermögenswerte; c. die an der Rückerstattung beteiligten Partner; d. die Kontrolle und Überwachung der Verwendung der rückerstatteten Vermögenswerte.

4

Der Bundesrat ist für den Abschluss eines solchen Abkommens zuständig.

5

Kommt keine Einigung mit dem Herkunftsstaat zustande, so legt der Bundesrat die Rückerstattungsmodalitäten selber fest. Er kann insbesondere die eingezogenen Vermögenswerte über internationale oder nationale Institutionen rückerstatten und eine Überwachung durch das EDA vorsehen.


Art. 10

Verfahrenskosten 1 Zur Deckung der Kosten für die Sperrung und Rückerstattung kann ein Pauschalbetrag von höchstens 2,5 Prozent der eingezogenen Vermögenswerte zugunsten des Bundes oder der Kantone abgezogen werden.

2

Der Bundesrat legt den Pauschalbetrag im Einzelfall fest.

5. Abschnitt: Rechtsmittel und Zusammenarbeit der Behörden

Art. 11

Beschwerde 1 Eine Sperrungsverfügung des Bundesrates kann mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

2

Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Artikel 55 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 19683 ist nicht anwendbar.

3

Die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig.

4

Im Übrigen richten sich das Verfahren und die Rechtsmittel nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.

3 SR

172.021

Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte politisch exponierter Personen. BG 5

196.1


Art. 12

Zusammenarbeit der

Behörden

1

Das Bundesamt für Justiz informiert das EDA, wenn bei in der Schweiz gesperrten Vermögenswerten politisch exponierter Personen oder ihres Umfelds einem internationalen Rechtshilfeersuchen in Strafsachen kein Erfolg beschieden ist.

2

Auf Ersuchen des EDA oder des EFD übermitteln die Behörden von Bund und Kantonen alle für den Vollzug dieses Gesetzes notwendigen Angaben.

6. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 13

Änderung bisherigen Rechts Die Änderung bisherigen Rechts wird im Anhang geregelt.


Art. 14

Übergangsbestimmungen 1 Vermögenswerte, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgrund einer Verfügung des Bundesrates nach Artikel 184 Absatz 3 der Bundesverfassung gesperrt sind, weil einem internationalen Rechtshilfeverfahren in Strafsachen kein Erfolg beschieden war, bleiben bis zum rechtskräftigen Einziehungsentscheid nach diesem Gesetz gesperrt.

2

Die Sperre ist hinfällig, sofern innert Jahresfrist nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes kein Einziehungsverfahren eingeleitet wird.


Art. 15

Referendum und Inkrafttreten 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Inkrafttreten: 1. Februar 20114 4

BRB vom 12. Jan. 2011

Unrechtmässig erworbene Vermögenswerte 6

196.1

Anhang

(Art. 13)

Änderung bisherigen Rechts Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert: …5

5 Die

Änderungen

können unter AS 2011 275 konsultiert werden