1
Geschäftsreglement des Nationalrates
(GRN)
vom 3. Oktober 2003 (Stand am 14. Oktober 2003) Der Nationalrat, gestützt auf Artikel 36 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (ParlG)1,
nach Einsicht in den Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates
vom 10. April 20032,
beschliesst: 1. Kapitel: Konstituierung
Art. 1
Konstituierende Sitzung 1 Nach den Gesamterneuerungswahlen versammelt sich der neu gewählte Rat an
dem vom Gesetz festgelegten Tag zu seiner konstituierenden Sitzung.
2 Die Traktanden dieser Sitzung sind in der nachstehenden Reihenfolge: a.
Rede der Alterspräsidentin oder des Alterspräsidenten und des jüngsten der
erstmals gewählten designierten Mitglieder des Nationalrates; b.
Feststellung der Konstituierung des Rates; c.
Vereidigung der anwesenden Ratsmitglieder, deren Wahl unangefochten
geblieben oder für gültig erklärt worden ist; d.
Feststellung von allfälligen Unvereinbarkeiten; e.
Wahl der Präsidentin oder des Präsidenten; f.
Wahl der Ersten Vizepräsidentin oder des Ersten Vizepräsidenten; g.
Wahl der Zweiten Vizepräsidentin oder des Zweiten Vizepräsidenten; h.
gesamthafte Wahl der Stimmenzählerinnen und Stimmenzähler; i.
gesamthafte Wahl der Ersatzstimmenzählerinnen und Ersatzstimmenzähler.
Art. 2
Alterspräsidentin oder Alterspräsident 1 Alterspräsidentin oder Alterspräsident im sich konstituierenden Rat ist dasjenige
Mitglied des Rates, das die längste ununterbrochene Amtsdauer aufweist. Bei gleicher Amtsdauer hat das ältere Mitglied Vorrang.
AS 2003 3623 1
SR 171.10
2
BBl 2003 3468 171.13
Bundesversammlung
2
171.13
2 Das Büro der ablaufenden Amtsperiode bezeichnet die Alterspräsidentin oder den
Alterspräsidenten auf der Grundlage des Berichtes des Bundesrates über die Ergebnisse der Nationalratswahlen.
3 Ist die Alterspräsidentin oder der Alterspräsident verhindert, so übernimmt dasjenige Ratsmitglied das Alterspräsidium, das nach den Regeln von Absatz 1 nachfolgt.
Art. 3
Aufgaben der Alterspräsidentin oder des Alterspräsidenten 1 Die Alterspräsidentin oder der Alterspräsident: a.
ernennt unter Berücksichtigung von Artikel 43 Absatz 3 ParlG acht Mitglieder des provisorischen Büros; b.
präsidiert das provisorische Büro; c.
führt den Vorsitz im Rat, bis die neue Präsidentin oder der neue Präsident
gewählt ist.
2 Die übrigen Präsidialaufgaben werden, bis die neue Präsidentin oder der neue
Präsident gewählt ist, durch die Präsidentin oder den Präsidenten der ablaufenden
Amtsperiode wahrgenommen.
Art. 4
Aufgaben des provisorischen Büros 1 Das provisorische Büro: a.
prüft, ob die Wahlen der Mehrheit der Mitglieder des Rates unangefochten
geblieben oder für gültig erklärt worden sind, und stellt, wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, dem Rat Antrag auf Feststellung seiner Konstituierung; b.
prüft, ob bei den neu gewählten Mitgliedern des Rates Unvereinbarkeiten
nach Artikel 14 Buchstaben b-f ParlG vorliegen, und stellt dem Rat gegebenenfalls Antrag auf Feststellung der Unvereinbarkeit; c.
ermittelt, bis das neue Büro gewählt ist, das Ergebnis von Wahlen und
Abstimmungen im Rat.
2 Die übrigen Aufgaben des Büros werden bis zur Wahl des neuen Büros durch das
Büro der ablaufenden Amtsperiode wahrgenommen.
Art. 5
Vereidigung
1 Zur Vereidigung erheben sich alle Personen im Ratssaal.
2 Die Präsidentin oder der Präsident lässt die Eides- oder Gelübdeformel durch die
Generalsekretärin oder den Generalsekretär vorlesen.
3 Wer den Eid ablegt, spricht mit erhobenen Schwurfingern die Worte «Ich schwöre
es»; wer das Gelübde ablegt, spricht die Worte «Ich gelobe es».
Geschäftsreglement des Nationalrates 3
171.13
2. Kapitel: Organe 1. Abschnitt: Präsidentin oder Präsident und Präsidium
Art. 6
Wahl
1 Der Rat wählt die Mitglieder des Präsidiums sofort nach seiner Konstituierung, in
den folgenden Amtsjahren zu Beginn der ersten Sitzung.
2 Er trägt der Stärke der Fraktionen und den Amtssprachen angemessen Rechnung.
3 Wird das Amt eines Mitglieds des Präsidiums während der Amtsdauer frei, so
nimmt der Rat für den Rest der Amtsdauer eine Ersatzwahl vor; im Falle der Präsidentin oder des Präsidenten nimmt er eine Ersatzwahl vor, wenn sie oder er vor
Beginn der Sommersession aus dem Amt ausscheidet.
Art. 7
Aufgaben
1 Die Präsidentin oder der Präsident erfüllt die Aufgaben, die das Gesetz bezeichnet,
und:
a.
leitet die Verhandlungen des Rates; b.
legt, unter Vorbehalt anders lautender Ratsbeschlüsse, die Tagesordnung des
Rates im Rahmen der Sessionsplanung des Büros fest; c.
leitet das Präsidium und das Ratsbüro; d.
vertritt den Rat nach aussen.
2 Ist die Präsidentin oder der Präsident verhindert oder spricht sie oder er ausnahmsweise zur Sache, so übernimmt die Erste Vizepräsidentin oder der Erste
Vizepräsident, allenfalls die Zweite Vizepräsidentin oder der Zweite Vizepräsident
die Stellvertretung.
3 Sind beide Vizepräsidentinnen oder Vizepräsidenten verhindert, so wird die Präsidentin oder der Präsident in nachstehender Reihenfolge im Rat vertreten durch: a.
eine Vorgängerin oder einen Vorgänger; sind mehrere im Rat, so hat dasjenige Mitglied Vorrang, das das Präsidialamt später angetreten hat; b.
das amtsälteste Ratsmitglied; bei gleicher Amtsdauer hat das ältere Ratsmitglied Vorrang.
4 Die beiden Vizepräsidentinnen oder Vizepräsidenten: a.
unterstützen die Präsidentin oder den Präsidenten; b.
nehmen zusammen mit der Präsidentin oder dem Präsidenten die vom
Gesetz dem Präsidium zugewiesenen Aufgaben wahr.
5 Beschlüsse des Präsidiums bedürfen der Zustimmung von mindestens zwei Mitgliedern.
Bundesversammlung
4
171.13
2. Abschnitt: Büro
Art. 8
Zusammensetzung und Verfahren 1 Das Büro besteht aus: a.
den drei Mitgliedern des Präsidiums; b.
den vier Stimmenzählerinnen oder Stimmenzählern; c. den
Präsidentinnen und Präsidenten der Fraktionen.
2 Eine Stimmenzählerin oder ein Stimmenzähler kann sich bei Verhinderung durch
eine Ersatzstimmenzählerin oder einen Ersatzstimmenzähler, die Präsidentin oder
der Präsident einer Fraktion durch ein Fraktionsmitglied vertreten lassen.
3 Für die Verteilung der Sitze der Stimmenzählerinnen und Stimmenzähler sowie der
Ersatzstimmenzählerinnen und Ersatzstimmenzähler auf die Fraktionen gelten die
Artikel 40 und 41 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 19763 über die politischen
Rechte sinngemäss; für ihre Amtsdauer gilt Artikel 17 Absätze 1 und 4 sinngemäss.
4 Die Präsidentin oder der Präsident stimmt im Büro mit. Bei Stimmengleichheit
fällt sie oder er den Stichentscheid.
Art. 9
Aufgaben
1 Das Büro hat folgende Aufgaben: a.
Es plant die Tätigkeiten des Rates und legt das Sessionsprogramm fest, unter
Vorbehalt anders lautender Ratsbeschlüsse über die Beifügung oder Streichung einzelner Beratungsgegenstände.
b.
Es bestimmt die Sachbereiche der ständigen Kommissionen und setzt Spezialkommissionen ein.
c.
Es teilt den Kommissionen die Beratungsgegenstände mit einer Behandlungsfrist zur Vorberatung, zum Mitbericht oder zur abschliessenden
Behandlung zu; es kann diese Aufgabe an die Präsidentin oder den Präsidenten übertragen.
d.
Es sorgt für die Koordination der Tätigkeiten der Kommissionen und entscheidet bei Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Kommissionen.
e.
Es legt den Jahressitzungsplan der Kommissionen fest. f.
Es bestimmt die Mitgliederzahl der Kommissionen.
g.
Es wählt auf Vorschlag der Fraktionen die Präsidentinnen und Präsidenten,
die Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten sowie die Mitglieder der Kommissionen.
h.
Es ermittelt das Ergebnis der Wahlen und Abstimmungen; sind Stimmenzählerinnen oder Stimmenzähler und ihre Vertretungen verhindert, so kann
die Präsidentin oder der Präsident andere Ratsmitglieder beiziehen.
3
SR 161.1
Geschäftsreglement des Nationalrates 5
171.13
i.
Es prüft, ob Unvereinbarkeiten gemäss Artikel 14 ParlG vorliegen oder neu
entstehen, und stellt dem Rat gegebenenfalls Antrag auf Feststellung der
Unvereinbarkeit.
j.
Es behandelt weitere Fragen der Organisation und des Verfahrens des Rates.
2 Das Büro hört die Präsidentinnen und Präsidenten der Kommissionen vor
Beschlüssen nach Absatz 1 Buchstaben b, c und e an.
3. Abschnitt: Kommissionen und Delegationen
Art. 10
Ständige Kommissionen Es bestehen folgende ständige Kommissionen: 1. Finanzkommission (FK), 2. Geschäftsprüfungskommission (GPK), 3. Aussenpolitische Kommission (APK), 4. Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK), 5. Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK), 6. Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK), 7. Sicherheitspolitische Kommission (SiK), 8. Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF), 9. Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK), 10. Staatspolitische Kommission (SPK), 11. Kommission für Rechtsfragen (RK), 12. Kommission für öffentliche Bauten (KöB).
Art. 11
Spezialkommissionen
In Ausnahmefällen kann das Büro eine Spezialkommission bestellen. Es hört vorgängig die Präsidentinnen oder Präsidenten derjenigen ständigen Kommissionen an,
in deren sachlichen Zuständigkeitsbereich das Geschäft fällt.
Art. 12
Delegationen
Für die ständigen und die nicht ständigen Delegationen gelten die Bestimmungen
über die Kommissionen des Parlamentsgesetzes und dieses Reglementes sinngemäss, sofern ein Gesetz oder eine Verordnung der Bundesversammlung nichts
anderes bestimmt.
Bundesversammlung
6
171.13
Art. 13
Legislaturplanungskommission Die Legislaturplanungskommission wird in der ersten Session einer Legislaturperiode als Spezialkommission zur Vorberatung des Berichtes des Bundesrates über die
Legislaturplanung bestellt.
Art. 14
Subkommissionen
1 Jede Kommission kann mit Zustimmung des Büros aus ihrer Mitte Subkommissionen einsetzen.
2 Die Kommission erteilt ihrer Subkommission einen Auftrag, der ihre Aufgabe
umschreibt und ihr eine Frist für die Berichterstattung an die Kommission setzt.
3 Die Finanzkommission und die Geschäftsprüfungskommission können ständige
Subkommissionen einsetzen, welche im Auftrag der Kommission einzelne Aufgabenbereiche betreuen.
Art. 15
Verteilung der Sitze
1 Folgende Sitze werden in sinngemässer Anwendung der Artikel 40 und 41 des
Bundesgesetzes vom 17. Dezember 19764 über die politischen Rechte auf die Fraktionen verteilt: a.
die Sitze in den einzelnen Kommissionen; b.
die dem Nationalrat zustehenden Sitze in einer Kommission der Vereinigten
Bundesversammlung oder in einer gemeinsamen Kommission beider Räte; c.
die Präsidentensitze der ständigen Kommissionen.
2 Eine Fraktion, die auf Grund ihrer Mitgliederzahl nach Absatz 1 keinen Anspruch
auf eine Vertretung in einer ständigen Kommission hätte, erhält insgesamt so viele
Kommissionssitze, wie dies ihrem Anspruch auf der Grundlage der Gesamtzahl der
Mitglieder aller ständigen Kommissionen nach Artikel 10 entspricht.
3 Ein Ratsmitglied darf in der Regel gleichzeitig nicht mehr als zwei Kommissionen
nach Artikel 10 Ziffern 1-11 angehören.
Art. 16
Leitung
1 Die Präsidentin oder der Präsident der Kommission : a.
plant die Kommissionsarbeiten; b.
legt die Tagesordnung der Kommissionssitzungen fest, unter Vorbehalt
anders lautender Kommissionsbeschlüsse; c.
leitet die Verhandlungen der Kommission; d.
vertritt die Kommission nach aussen.
4
SR 161.1
Geschäftsreglement des Nationalrates 7
171.13
2 Die Stellvertretung der Präsidentin oder des Präsidenten richtet sich sinngemäss
nach Artikel 7 Absätze 2 und 3.
3 Die Präsidentin oder der Präsident stimmt in der Kommission mit. Bei Stimmengleichheit fällt sie oder er den Stichentscheid.
Art. 17
Amtsdauer
1 Die Amtsdauer der Mitglieder der ständigen Kommissionen beträgt vier Jahre,
sofern ein Gesetz oder eine Verordnung der Bundesversammlung nichts anderes
bestimmt. Sie endet spätestens mit der Gesamterneuerung der Kommissionen in der
ersten Session einer neuen Legislaturperiode. Wiederwahl ist möglich.
2 Die Amtsdauer der Präsidentinnen und Präsidenten und der Vizepräsidentinnen
und Vizepräsidenten der ständigen Kommissionen beträgt zwei Jahre. Sie endet
spätestens mit der Gesamterneuerung der Kommissionen in der ersten Session einer
neuen Legislaturperiode. Eine direkte Wiederwahl in dasselbe Amt ist nicht möglich.
3 Die Amtsdauer der Mitglieder einer Spezialkommission entspricht der Dauer der
Tätigkeit der Kommission.
4 Wird das Amt eines Kommissionsmitglieds frei, so wird es für den Rest der Amtsdauer neu besetzt.
Art. 18
Stellvertretung
1 Ein Kommissionsmitglied kann sich für eine einzelne Sitzung in der Kommission
oder in einer Subkommission vertreten lassen. Seine Fraktion bestimmt, wer es an
der Sitzung vertritt.
2 Scheidet ein Kommissionsmitglied aus dem Rat aus, so kann seine Fraktion eine
Vertretung bestimmen, solange das Büro den Kommissionssitz nicht neu besetzt hat.
3 Die Fraktion meldet in den Fällen nach den Absätzen 1 und 2 die Vertretung ohne
Verzug dem Kommissionssekretariat.
4 Die Mitglieder der Geschäftsprüfungskommission und einer parlamentarischen
Untersuchungskommission sowie von deren Subkommissionen können sich nicht
vertreten lassen.
Art. 19
Berichterstattung
1 Die Kommission bestimmt zu jedem Beratungsgegenstand ein Mitglied, das im
Rat Bericht erstattet und die Anträge der Kommission vertritt. Sie kann weitere,
anderssprachige Berichterstatterinnen oder Berichterstatter bestimmen. In der Regel
berichtet die Kommissionspräsidentin oder der Kommissionspräsident nicht selber.
2 Die Berichterstatterinnen oder Berichterstatter teilen ihre Erläuterungen nach
Themen untereinander auf. Ausser bei besonders wichtigen oder komplexen Fragen
verzichten sie auf Wiederholungen in einer anderen Amtssprache. Das Eintretensreferat beschränkt sich auf Grundsatzfragen.
Bundesversammlung
8
171.13
3 Die Kommission kann dem Rat einen schriftlichen Bericht unterbreiten. Ein
schriftlicher Bericht ist notwendig, wenn kein anderes erläuterndes amtliches
Dokument vorliegt sowie wenn für den Beratungsgegenstand die Beratungsform des
schriftlichen Verfahrens (Art. 49) vorgesehen ist.
Art. 20
Information der Öffentlichkeit 1 Die Präsidentin oder der Präsident oder von der Kommission beauftragte Mitglieder unterrichten die Medien schriftlich oder mündlich über die wesentlichen Ergebnisse der Kommissionsberatungen.
2 Informiert wird in der Regel über die wesentlichen Beschlüsse mit dem Stimmenverhältnis sowie über die hauptsächlichen, in den Beratungen vertretenen Argumente.
3 Die Sitzungsteilnehmerinnen und Sitzungsteilnehmer greifen der Kommissionsmitteilung nicht vor.
4 Vertraulich bleibt, wie die einzelnen Sitzungsteilnehmerinnen und Sitzungsteilnehmer Stellung genommen und abgestimmt haben, soweit diese nicht ihrem Rat
einen Minderheitsantrag unterbreiten.
3. Kapitel: Verfahren 1. Abschnitt:
Vorberatung, Zuweisung und Überprüfung von
Beratungsgegenständen
Art. 21
Vorberatung
1 Die Beratungsgegenstände nach Artikel 71 ParlG werden von den zuständigen
Kommissionen vorberaten; ausgenommen sind: a.
Vorstösse der Ratsmitglieder und Fraktionen; b.
Wahlvorschläge;
c.
Ordnungsanträge;
d.
Erklärungen des Bundesrates; e.
weitere vom Gesetz oder von diesem Reglement bestimmte Beratungsgegenstände.
2 Ein Vorstoss kann vorberaten werden, wenn die zuständige Kommission oder der
Rat dies beschliesst.
3 Ein Gesuch um Aufhebung der Immunität eines Ratsmitgliedes oder einer Magistratsperson oder ein ähnliches Gesuch wird von der Kommission für Rechtsfragen
vorberaten. Ist das Gesuch offensichtlich unhaltbar, so kann die Präsidentin oder der
Präsident der Kommission im Einvernehmen mit der Präsidentin oder dem Präsidenten der zuständigen Kommission des Ständerates das Gesuch direkt erledigen;
die so erledigten Fälle werden dem Rat gemeldet.
Geschäftsreglement des Nationalrates 9
171.13
Art. 22
Zuweisung
1 Neue Beratungsgegenstände werden in der Regel zu Beginn jeder Session einer
Kommission zur Vorberatung zugewiesen.
2 Hat der Beschluss eines Rates zur Folge, dass ein Beratungsgegenstand einer
Kommission zugewiesen werden muss, so erfolgt die Zuweisung am Ende der
Session.
3 Ein Bericht des Bundesrates kann der zuständigen Kommission zur direkten Erledigung zugewiesen werden. Die Kommission kann dem Büro beantragen, die
Behandlung des Berichtes in das Sessionsprogramm aufzunehmen.
Art. 23
Überprüfung auf formale Rechtmässigkeit 1 Eine parlamentarische Initiative oder ein Vorstoss eines Ratsmitglieds oder einer
Fraktion wird bei der Einreichung von der Präsidentin oder dem Präsidenten auf die
formale Rechtmässigkeit hin überprüft.
2 Bei der Einreichung der übrigen Beratungsgegenstände nach Artikel 71 ParlG
überprüft die Präsidentin oder der Präsident die formale Rechtmässigkeit auf Antrag.
Wird der Beratungsgegenstand in der Bundesversammlung anhängig gemacht, so
wird die Präsidentin oder der Präsident des Ständerates angehört.
3 Erklärt die Präsidentin oder der Präsident einen Beratungsgegenstand als unzulässig, so kann die Urheberin oder der Urheber das Büro anrufen. Dieses entscheidet
endgültig.
Art. 24
Versand der Ergebnisse der Vorberatung an den Rat 1 Der Erlassentwurf einer Kommission sowie die Anträge der vorberatenden Kommission zu einem Erlassentwurf des Bundesrates müssen für die erste Beratung im
Rat spätestens vierzehn Tage vor der Behandlung an die Ratsmitglieder zugestellt
werden; ausgenommen sind Erlassentwürfe, die von beiden Räten in der gleichen
Session behandelt werden (Art. 85 ParlG).
2 Wurden die Unterlagen nicht rechtzeitig zugestellt, so prüft das Büro, ob der
Beratungsgegenstand aus dem Sessionsprogramm gestrichen wird.
2. Abschnitt: Beratungsgegenstände und ihre Behandlung a. Parlamentarische Initiativen und Vorstösse
Art. 25
Einreichung
Ein Ratsmitglied oder eine Fraktion kann eine parlamentarische Initiative oder einen
Vorstoss während der Ratssitzung schriftlich einreichen.
Bundesversammlung
10
171.13
Art. 26
Begründung
1 Der Wortlaut einer parlamentarischen Initiative und eines Vorstosses darf keine
Begründung enthalten.
2 Einer parlamentarischen Initiative muss, einer Motion, einem Postulat und einer
Interpellationen kann eine Begründung beigefügt werden.
Art. 27
Beantwortung von Vorstössen Der Adressat eines Vorstosses beantwortet diesen schriftlich auf die nächste ordentliche Session nach der Einreichung des Vorstosses. Kann er diese Frist ausnahmsweise nicht einhalten, informiert er das Büro und die Urheberin oder den Urheber
des Vorstosses und begründet die Verzögerung.
Art. 28
Behandlung im Rat
1 An mindestens zwei halben Tagen der zweiten und dritten Sessionswoche müssen
parlamentarische Initiativen vorgeprüft und Vorstösse von einzelnen Ratsmitgliedern und Fraktionen behandelt werden.
2 Vorstösse von einzelnen Ratsmitgliedern und Fraktionen, die den gleichen oder
einen ähnlichen Gegenstand betreffen, werden in der Reihenfolge ihrer Einreichung
behandelt.
3 Eine parlamentarische Initiative, die in der Kommission von weniger als einem
Fünftel der Mitglieder unterstützt worden ist, wird im Rat im schriftlichen Verfahren
behandelt (Art. 49).
4 Eine Interpellantin oder ein Interpellant kann erklären, ob sie oder er von der
Antwort des Bundesrates befriedigt ist, auch wenn der Rat die Diskussion über die
Interpellation ablehnt.
Art. 29
Mitunterzeichnerinnen und Mitunterzeichner 1 Eine parlamentarische Initiative oder ein Vorstoss kann von mehreren Ratsmitgliedern unterzeichnet werden. Als Urheberin oder Urheber gilt das erstunterzeichnende
Ratsmitglied.
2 Die Urheberin oder der Urheber kann die Initiative oder den Vorstoss ohne
Zustimmung der Mitunterzeichnerinnen und Mitunterzeichner zurückziehen.
Art. 30
Dringliche Behandlung 1 Eine Interpellation oder eine Anfrage kann dringlich erklärt werden.
2 Zuständig für die Dringlicherklärung ist bei der Interpellation das Büro und bei der
Anfrage die Präsidentin oder der Präsident. Lehnt die Präsidentin oder der Präsident
die Dringlichkeit ab, so entscheidet das Büro endgültig.
Geschäftsreglement des Nationalrates 11
171.13
3 Eine dringliche Interpellation muss spätestens zu Beginn der dritten Sitzung einer
dreiwöchigen Session eingereicht werden. Sie wird vom Bundesrat in der gleichen
Session beantwortet.
4 Eine dringliche Anfrage muss spätestens eine Woche vor Sessionsschluss, in
einwöchigen Sessionen am ersten Tag eingereicht werden. Sie wird vom Bundesrat
innert drei Wochen schriftlich beantwortet.
b. Fragestunde
Art. 31
1 Für die Behandlung aktueller Fragen wird die zweite und die dritte Sessionswoche
mit einer Fragestunde eröffnet; sie dauert höchstens 90 Minuten.
2 Die Fragen sind knapp gefasst und ohne Begründung bis zum vorangehenden
Mittwoch vor Schluss der Ratssitzung schriftlich einzureichen.
3 Die Fragen werden vor Sitzungsbeginn den Ratsmitgliedern schriftlich ausgeteilt;
sie werden nicht mündlich vorgetragen.
4 Wenn die Fragestellerin oder der Fragesteller anwesend ist, gibt die Vertreterin
oder der Vertreter des Bundesrates eine kurze Antwort. Die Fragestellerin oder der
Fragesteller kann eine sachbezogene Zusatzfrage stellen.
5 Gleich lautende oder thematisch zusammengehörende Fragen werden gemeinsam
beantwortet.
6 Auf Fragen, für deren Behandlung die Zeit nicht reicht, und auf Fragen oder
Zusatzfragen, die weiterer Klärung bedürfen, antwortet der Bundesrat schriftlich
nach der Regel für dringliche Anfragen.
c. Erklärungen
Art. 32
Erklärung des Nationalrates 1 Der Rat kann auf Antrag der Mehrheit einer Kommission zu wichtigen Ereignissen
oder Problemen der Aussen- oder Innenpolitik eine Erklärung abgeben.
2 Der Rat kann beschliessen, über den Entwurf zu einer Erklärung eine Diskussion
zu führen. Er kann den Entwurf annehmen, ablehnen oder an die Kommission
zurückweisen.
3 Der Entwurf zu einer Erklärung wird abgeschrieben, wenn er nicht in der laufenden oder nächsten Session behandelt wird.
Art. 33
Erklärung des Bundesrates 1 Der Bundesrat kann dem Rat eine Erklärung zu wichtigen Ereignissen oder Problemen der Aussen- oder Innenpolitik abgeben.
Bundesversammlung
12
171.13
2 Der Rat kann auf Antrag eines Mitglieds eine Diskussion über die Erklärung
beschliessen.
3. Abschnitt: Organisation der Ratssitzungen
Art. 34
Sitzungszeiten
1 Der Rat tagt in der Regel wie folgt: a.
Montag: von 14.30 bis 19.00 Uhr; b.
Dienstag: von 8.00 bis 13.00 Uhr; der Dienstagnachmittag bleibt für Fraktionssitzungen frei; c.
Mittwoch: von 8.00 bis 13.00 Uhr und von 15.00 bis 19.00 Uhr; d.
Donnerstag: von 8.00 bis 13.00 Uhr und in der letzten Sessionswoche von
15.00 bis 19.00 Uhr;
e.
Freitag der letzten Sessionswoche: von 8.00 bis 11.00 Uhr.
2 Nachtsitzungen (von 19.00 Uhr bis 22.00 Uhr) werden angesetzt, wenn es die
Geschäftslast und die Dringlichkeit der Geschäfte erfordert.
Art. 35
Tagesordnung
1 Die Tagesordnung wird bekannt gegeben: a. für die erste Sitzung einer Session: zusammen mit dem Versand des Sessionsprogramms;
b. für die weiteren Sitzungen: am Ende der vorangehenden Sitzung.
2 Die Tagesordnung listet alle Beratungsgegenstände auf. Petitionen und Vorstösse
von Ratsmitgliedern und Fraktionen können unter einem Sammeltitel erwähnt werden.
3 Die Präsidentin oder der Präsident kann den Zeitpunkt für Wahlen und Abstimmungen im Voraus bekannt geben.
4 Sie oder er kann während der Sitzung die Tagesordnung ergänzen, namentlich um
Differenzen, zurückgestellte Beratungsgegenstände und Vorstösse zu behandeln.
Art. 36
Protokoll
1 Die Ratssekretärin oder der Ratssekretär erstellt für jede Sitzung ein Protokoll in
der Sprache der Präsidentin oder des Präsidenten. Das Protokoll nennt: a.
die behandelten und zurückgezogenen Beratungsgegenstände; b.
die Namen der Rednerinnen und Redner; c.
die Anträge;
d.
das Ergebnis der Abstimmungen und Wahlen;
Geschäftsreglement des Nationalrates 13
171.13
e.
die entschuldigten Ratsmitglieder; ist ein Ratsmitglied aufgrund eines Auftrages der ständigen Delegationen gemäss Artikel 60 ParlG entschuldigt, so
ist dieser Grund anzugeben; f.
die Mitteilungen der Präsidentin oder des Präsidenten.
2 Die Präsidentin oder der Präsident genehmigt das Protokoll.
Art. 37
Übersetzungen
1 Mitteilungen und Vorschläge der Präsidentin oder des Präsidenten sowie mündliche Ordnungsanträge werden von der Übersetzerin oder dem Übersetzer in eine
zweite Amtssprache übersetzt.
2 Die Ratsverhandlungen werden simultan in alle drei Amtssprachen übersetzt.
Art. 38
Verhandlungsfähigkeit Die Präsidentin oder der Präsident prüft, ob der Rat verhandlungsfähig ist: a.
vor Wahlen, Gesamt- und Schlussabstimmungen sowie Abstimmungen über
Bestimmungen, für deren Annahme die Mehrheit der Ratsmitglieder gemäss
Artikel 159 Absatz 3 der Bundesverfassung5 erforderlich ist; b.
auf Antrag eines Ratsmitglieds.
Art. 39
Ordnungsruf
1 Die Präsidentin oder der Präsident ruft Sitzungsteilnehmerinnen und -teilnehmer
zur Ordnung, die:
a.
sich beleidigend äussern, nicht zur Sache sprechen, die Redezeit überschreiten oder andere Verfahrensvorschriften verletzen; b.
durch ihr Verhalten die Ratsverhandlungen stören.
2 Wird der Ordnungsruf missachtet, so kann die Präsidentin oder der Präsident eine
Disziplinarmassnahme nach Artikel 13 Absatz 1 ParlG ergreifen.
3 Über Einsprachen der betroffenen Person entscheidet der Rat ohne Diskussion.
Art. 40
Absenzen
1 Die Ratsmitglieder tragen sich an jedem Sessionstag in die Präsenzliste ein.
2 Sie teilen der Generalsekretärin oder dem Generalsekretär der Bundesversammlung möglichst vor der Sitzung mit, wenn sie an der Teilnahme verhindert sind.
5
SR 101
Bundesversammlung
14
171.13
4. Abschnitt: Beratungen im Rat
Art. 41
Wortmeldung und Worterteilung 1 Im Rat kann nur sprechen, wer von der Präsidentin oder dem Präsidenten das Wort
erhält.
2 Wer sprechen will, meldet sich schriftlich bei der Präsidentin oder beim Präsidenten.
3 Die Präsidentin oder der Präsident erteilt das Wort in der Regel in der Reihenfolge
der Anmeldungen. Sie oder er kann jedoch die Rednerinnen und Redner thematisch
gruppieren oder für einen angemessenen Wechsel der Sprachen und der Standpunkte
sorgen.
4 Die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen sowie die Antragstellenden sprechen vor den übrigen Mitgliedern.
5 Mehr als zwei Mal spricht niemand zur gleichen Sache.
6 Die Berichterstatterinnen und Berichterstatter der Kommissionen sowie die Vertreterin oder der Vertreter des Bundesrates erhalten das Wort, sobald sie es verlangen.
Art. 42
Zwischenfrage
1 Jedes Ratsmitglied und die Vertreterin oder der Vertreter des Bundesrates können
am Schluss eines Votums der Rednerin oder dem Redner zu einem bestimmten
Punkt der Ausführungen eine kurze und präzise Zwischenfrage stellen; inhaltliche
Ausführungen und eine Begründung sind nicht zulässig.
2 Die Zwischenfrage darf erst gestellt werden, wenn die Rednerin oder der Redner
diese auf eine entsprechende Frage der Präsidentin oder des Präsidenten zulässt.
3 Die Rednerin oder der Redner beantwortet die Zwischenfrage sofort und knapp.
Art. 43
Persönliche Erklärung und Fraktionserklärung 1 Jedes Ratsmitglied kann eine kurze persönliche Erklärung abgeben, mit dieser
kann es auf eine Äusserung antworten, die sich auf seine Person bezogen hat, oder
seine eigenen Ausführungen richtig stellen.
2 Eine persönliche Erklärung kommt sofort an die Reihe.
3 Die Fraktionen können vor der Schlussabstimmung in einer kurzen Erklärung ihr
Abstimmungsverhalten begründen.
Art. 44
Redezeit
1 In der Eintretensdebatte beträgt die Redezeit: a.
für die Berichterstatterinnen und Berichterstatter der Kommissionen: insgesamt 20 Minuten; b.
für die Vertreterin oder den Vertreter des Bundesrates: 20 Minuten;
Geschäftsreglement des Nationalrates 15
171.13
c.
für die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen: je 10 Minuten; d.
für die übrigen Rednerinnen und Redner: 5 Minuten.
2 In den andern Debatten beträgt die Redezeit 5 Minuten für Fraktionssprecherinnen
und -sprecher, Antragsstellerinnen und -steller, Urheberinnen und Urheber von
parlamentarischen Initiativen und Vorstössen sowie Einzelrednerinnen und -redner;
für die Berichterstatterinnen und Berichterstatter der Kommissionen sowie die
Vertreterin oder den Vertreter des Bundesrates gibt es keine Redezeitbeschränkung.
3 Die Präsidentin oder der Präsident kann die in Absatz 1 festgelegte Redezeit ausnahmsweise verlängern. Der Rat kann die in Absatz 2 festgelegte Redezeit auf
Antrag verlängern.
Art. 45
Eintreten und Detailberatung 1 Der Rat kann auf die Eintretensdebatte verzichten, sofern keine Anträge auf Nichteintreten gestellt sind.
2 Er kann beschliessen, einen Beratungsgegenstand artikelweise, abschnittweise oder
in seiner Gesamtheit zu beraten.
Art. 46
Beratungsformen
1 Die Beratungsgegenstände werden in einer der folgenden Formen beraten: I:
Freie Debatte
II:
Organisierte Debatte III: Reduzierte Debatte IV: Kurzdebatte
V:
Schriftliches Verfahren 2 Das Büro beschliesst gleichzeitig mit dem Sessionsprogramm, in welcher Form die
Beratungsgegenstände beraten werden sollen.
3 Unabhängig von der Beratungsform können sich die Berichterstatterin oder der
Berichterstatter der Kommission und die Vertreterin oder der Vertreter des Bundesrates zu jedem Beratungsgegenstand zu Wort melden.
4 Unabhängig von der Beratungsform kann die Urheberin oder der Urheber eine
parlamentarische Initiative, eine Motion oder ein Postulat mündlich begründen. Eine
Interpellantin oder ein Interpellant erhält das Wort, wenn Diskussion beschlossen
wird.
Art. 47
Organisierte Debatte
1 Die organisierte Debatte kann insbesondere durchgeführt werden: a.
bei der Eintretensdebatte; b.
bei der Beratung einer Interpellation oder eines Berichtes.
2 Die Gesamtredezeit ist beschränkt.
Bundesversammlung
16
171.13
3 Die Präsidentin oder der Präsident teilt die Gesamtredezeit angemessen auf die
Berichterstatterinnen und Berichterstatter, die Vertreterinnen und Vertreter des
Bundesrates sowie auf die Fraktionen auf.
4 Die Fraktionen teilen rechtzeitig mit, wie die ihnen zustehende Redezeit unter den
Fraktionsmitgliedern aufgeteilt wird.
5 Den Ratsmitgliedern, die keiner Fraktion angehören, wird ein angemessener Teil
der Gesamtredezeit zur Verfügung gestellt.
Art. 48
Reduzierte Debatte und Kurzdebatte 1 Bei der reduzierten Debatte wird das Rederecht auf die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen sowie die Antragsstellenden beschränkt.
2 Bei der Kurzdebatte wird das Rederecht auf die Sprecherinnen und Sprecher der
Kommissionsminderheiten beschränkt.
3 Artikel 46 Absätze 3 und 4 bleibt in jedem Fall vorbehalten.
Art. 49
Schriftliches Verfahren 1 Im schriftlichen Verfahren besteht kein Recht auf Wortmeldung.
2 Artikel 46 Absätze 3 und 4 bleibt in jedem Fall vorbehalten.
Art. 50
Anträge
1 Ein Antrag ist der Präsidentin oder dem Präsidenten schriftlich und in der Regel
vor der Beratung des betreffenden Beratungsgegenstandes einzureichen.
2 Bei umfangreichen und schwierigen Beratungen kann die Präsidentin oder der
Präsident eine Frist für die Einreichung der Anträge setzen.
3 Sie oder er prüft die Anträge bei der Einreichung auf ihre formale Rechtmässigkeit.
4 Ein Antrag wird von der zuständigen Kommission vorberaten, wenn es die Kommission verlangt oder der Rat beschliesst.
5 Anträge zu Beratungsgegenständen, die in den Beratungsformen I-III beraten
werden, können mündlich begründet werden. Anträge zu Beratungsgegenständen,
die in den Beratungsformen IV und V beraten werden, können nur schriftlich
begründet werden.
6 Werden mehrere gleich lautende Anträge zu Beratungsgegenständen eingereicht,
die in den Beratungsformen I-III beraten werden, so erhält das Wort, wer den ersten
Antrag stellt. Wer später einen Antrag eingereicht hat, kann eine kurze Zusatzerklärung abgeben.
Art. 51
Ordnungsanträge
1 Der Rat behandelt einen Ordnungsantrag sofort.
2 Er beschliesst ohne Diskussion über einen Rückkommensantrag, nachdem er eine
kurze Begründung des Antrages und eines allfälligen Gegenantrages gehört hat.
Geschäftsreglement des Nationalrates 17
171.13
3 Stimmt der Rat dem Rückkommensantrag zu, so wird der betreffende Artikel oder
Abschnitt nochmals beraten.
Art. 52
Schluss der Beratung
1 Die Präsidentin oder der Präsident schliesst die Beratung, wenn das Wort nicht
mehr verlangt wird oder die Gesamtredezeit (Art. 47) abgelaufen ist.
2 Sie oder er kann die Schliessung der Rednerliste beantragen, nachdem die Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen gesprochen haben und alle Anträge begründet
sind.
3 Nachdem die Rednerliste erschöpft ist, können die Vertreterin oder der Vertreter
des Bundesrates und anschliessend die Berichterstatterinnen und -erstatter der
Kommissionen auf die gefallenen Voten kurz antworten.
Art. 53
Zweite Lesung
Über den Entwurf einer Änderung dieses Reglementes findet eine zweite Beratung
statt, sofern es sich nicht um eine geringfügige Änderung handelt. Nach der Überprüfung durch die Redaktionskommission findet eine Schlussabstimmung statt.
Art. 54
Textbereinigung
1 Ein Beratungsgegenstand, der durch die Anträge aus der Mitte des Rates stark
verändert wurde, geht zur redaktionellen Bereinigung an die vorberatende Kommission, wenn sie es verlangt oder der Rat es beschliesst.
2 Der bereinigte Text ist dem Rat zur gesamthaften Genehmigung vorzulegen.
5. Abschnitt: Abstimmungen
Art. 55
Fragestellung
Vor der Abstimmung gibt die Präsidentin oder der Präsident eine kurze Übersicht
über die vorhandenen Anträge und unterbreitet dem Rat Vorschläge über die Fragestellung und die Reihenfolge der Abstimmungen nach den Artikeln 78 und 79 ParlG.
Art. 56
Stimmabgabe
1 Die Stimmabgabe erfolgt in der Regel mit dem elektronischen Abstimmungssystem.
2 Kein Ratsmitglied ist zur Stimmabgabe verpflichtet.
3 Die Stimmabgabe durch Stellvertretung ist ausgeschlossen.
4 Die Berichterstatterinnen und -erstatter stimmen von ihrem Pult aus, die übrigen
Ratsmitglieder an ihrem Platz.
Bundesversammlung
18
171.13
Art. 57
Veröffentlichung der Abstimmungsdaten 1 Das elektronische Abstimmungssystem zählt und speichert die abgegebenen
Stimmen bei jeder Abstimmung. Das Stimmverhalten der Ratsmitglieder und das
Resultat werden auf Anzeigetafeln angezeigt.
2 Die Präsidentin oder der Präsident gibt das Ergebnis bekannt.
3 Das Abstimmungsergebnis wird in Form einer Namensliste veröffentlicht: a.
bei Gesamtabstimmungen; b.
bei Schlussabstimmungen; c.
bei Abstimmungen über Bestimmungen, für deren Annahme die Mehrheit
der Ratsmitglieder gemäss Artikel 159 Absatz 3 der Bundesverfassung6
erforderlich ist;
d.
wenn mindestens 30 Ratsmitglieder dies schriftlich verlangen.
4 Auf der Namensliste wird für jedes Ratsmitglied vermerkt, ob es Ja oder Nein
stimmt, sich der Stimme enthält oder an der Abstimmung nicht teilnimmt. Ist ein
Ratsmitglied aufgrund eines Auftrages der ständigen Delegationen gemäss Artikel 60 ParlG entschuldigt, so ist dieser Grund anzugeben.
5 Die übrigen Abstimmungsergebnisse sind in Form einer Namensliste öffentlich
einsehbar.
Art. 58
Ausnahmen von der elektronischen Stimmabgabe Bei geheimer Beratung oder falls die elektronische Abstimmungsanlage defekt ist,
erfolgt die Stimmabgabe durch Aufstehen oder unter Namensaufruf.
Art. 59
Stimmabgabe durch Aufstehen 1 Bei Stimmabgabe durch Aufstehen kann auf das Zählen der Stimmen verzichtet
werden, wenn das Ergebnis der Abstimmung offensichtlich ist.
2 Die Stimmenzahlen sind in jedem Fall zu ermitteln bei: a.
Gesamtabstimmungen; b.
Schlussabstimmungen; c.
bei Abstimmungen über Bestimmungen, für deren Annahme die Mehrheit
der Ratsmitglieder gemäss Artikel 159 Absatz 3 der Bundesverfassung7
erforderlich ist.
Art. 60
Namensaufruf
1 Die Abstimmung findet unter Namensaufruf statt, wenn einem entsprechenden
Ordnungsantrag 30 Ratsmitglieder zustimmen. Ausser bei geheimer Beratung wird
das Abstimmungsergebnis nach Artikel 57 veröffentlicht.
6
SR 101
7
SR 101
Geschäftsreglement des Nationalrates 19
171.13
2 Bei der Abstimmung unter Namensaufruf antworten die Ratsmitglieder in der
alphabetischen Reihenfolge ihrer Namen auf die von der Präsidentin oder vom
Präsidenten vorgelegte Abstimmungsfrage von ihrem Platz aus mit «Ja», «Nein»
oder «Enthaltung».
3 Nach jeder Antwort teilt die Generalsekretärin oder der Generalsekretär der Bundesversammlung das Zwischenergebnis mit.
4 Es zählt nur die Stimme, die unmittelbar nach der Verlesung des einzelnen Namens
abgegeben wird.
4. Kapitel: Hausrecht
Art. 61
Zutritt zum Ratssaal und zu seinen Vorräumen 1 Zum Ratssaal und zu seinen Vorräumen (Wandelhalle und Vorzimmer) haben
während der Sessionen Zutritt: a.
die Mitglieder der eidgenössischen Räte; b.
die Mitglieder des Bundesrates und die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler; c.
das Mitglied des Bundesgerichts, das bei Beratungsgegenständen nach Artikel 162 Absatz 2 ParlG die eidgenössischen Gerichte vertritt; d.
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Parlamentsdienste, soweit es ihre
Funktion erfordert;
e.
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Mitglied des Bundesrates, die
Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler oder das Mitglied des Bundesgerichts begleiten, soweit es ihre Funktion erfordert; f.
die Fotografinnen und Fotografen sowie Kameraleute, die einen Ausweis der
Parlamentsdienste tragen.
2 Zu den Vorräumen haben während der Session ausserdem Zutritt die akkreditierten
Medienschaffenden und die Personen, die über eine Zutrittskarte gemäss Artikel 69
ParlG verfügen.
3 Dem Publikum steht die Tribüne offen, den akkreditierten Medienschaffenden die
Pressetribüne.
4 Bei geheimen Beratungen (Art. 4 Abs. 2 und 3 ParlG) haben nur die Personen nach
Absatz 1 Buchstaben a-d Zutritt zum Ratssaal und zu seinen Vorräumen. Die Tribünen werden geräumt.
5 Die Präsidentin oder der Präsident kann weitere Vorschriften über den Zutritt zum
Ratssaal und seinen Vorzimmern sowie zu den Tribünen erlassen; insbesondere
kann sie oder er das Recht auf den Besuch der Tribüne bei grossem Andrang zeitlich
beschränken.
6 Sie oder er kann die Benützung der Räume ausserhalb der Sessionen regeln.
Bundesversammlung
20
171.13
Art. 62
Verhalten von Dritten im Ratssaal 1 Die Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen wahren Ruhe. Sie unterlassen
insbesondere jede Äusserung des Beifalls oder der Missbilligung. Bild- und Tonaufnahmen sind nur mit Bewilligung der Parlamentsdienste gestattet.
2 Die Präsidentin oder der Präsident weist nicht zutrittsberechtigte Personen aus dem
Ratssaal.
3 Sie oder er verweist zutrittsberechtigte, nicht dem Rat angehörende Personen aus
dem Ratssaal oder Besucherinnen und Besucher von der Tribüne, wenn sie sich trotz
Mahnung weiterhin ungebührlich benehmen oder die Ruhe stören.
4 Die Präsidentin oder der Präsident unterbricht die Sitzung, wenn die Ordnung im
Ratssaal oder auf den Tribünen nicht unverzüglich wiederhergestellt werden kann.
5. Kapitel: Schlussbestimmungen
Art. 63
Aufhebung bisherigen Rechts Das Geschäftsreglement des Nationalrates vom 22. Juni 19908 wird aufgehoben.
Art. 64
Übergangsbestimmungen über die Wahlprüfung 1 Bis zum Inkrafttreten von Artikel 189 Absatz 1 Buchstabe f der Bundesverfassung
in der Fassung vom 12. März 20009 beschliesst der Rat auf Antrag des provisorischen Büros über Wahlbeschwerden gegen Entscheide einer Kantonsregierung über
die Gültigkeit einer Wahl in den Nationalrat.
2 Der Rat beschliesst: a.
über Beschwerden gegen die Gesamterneuerungswahlen auf Antrag des provisorischen Büros vor der Feststellung seiner Konstituierung; b.
über Beschwerden gegen eine Ergänzungswahl auf Antrag des Büros vor der
Vereidigung des neuen Ratsmitglieds.
3 Ein Ratsmitglied, dessen Wahl angefochten ist, tritt sowohl im provisorischen
Büro als auch im Rat während der Behandlung der gegen seine Wahl erhobenen
Beschwerde in den Ausstand.
Art. 65
Inkrafttreten
Dieses Reglement tritt zusammen mit dem Parlamentsgesetz auf den 1. Dezember
2003 in Kraft.
8
[AS 1990 954; 1991 2158; 1992 505; 1994 362 2150; 1995 530 4358; 1998 782;
1999 161 2612]
9
SR 101; AS 2002 3148