01.01.2024 - * / In Kraft
01.04.2020 - 31.12.2023
01.04.2017 - 31.03.2020
15.07.2013 - 31.03.2017
01.05.2013 - 14.07.2013
01.01.2013 - 30.04.2013
01.04.2011 - 31.12.2012
01.01.2007 - 31.03.2011
01.04.2006 - 31.12.2006
01.06.2004 - 31.03.2006
  DEFRIT • (html)
  DEFRIT • (pdf)

01.06.2003 - 31.05.2004
Fedlex DEFRITRMEN
Versionen Vergleichen

1

Bundesgesetz über die minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen für in die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und flankierende Massnahmen (Bundesgesetz über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) vom 8. Oktober 1999 (Stand am 3. Juni 2003) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 110 Absatz 1 Buchstaben a und b der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 23. Juni 19992, beschliesst:

Art. 1

Gegenstand 1

Dieses Gesetz regelt die minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ein Arbeitgeber mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland in die Schweiz entsendet, damit sie hier für einen bestimmten Zeitraum:

a. auf seine Rechnung und unter seiner Leitung im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zwischen ihm und dem Leistungsempfänger eine Arbeitsleistung erbringen;

b. in einer Niederlassung oder einem Betrieb arbeiten, der zur Unternehmensgruppe des Arbeitgebers gehört.

2

Der Begriff der Arbeitnehmerin und des Arbeitnehmers bestimmt sich nach schweizerischem Recht (Art. 319 ff. Obligationenrecht, OR3).


Art. 2

Minimale Arbeits- und Lohnbedingungen 1

Die Arbeitgeber müssen den entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mindestens die Arbeits- und Lohnbedingungen garantieren, die in Bundesgesetzen, Verordnungen des Bundesrates, allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen und Normalarbeitsverträgen im Sinne von Artikel 360a OR4 in den folgenden Bereichen vorgeschrieben sind: a. die minimale Entlöhnung; b. Arbeits- und Ruhezeit; c. Mindestdauer der Ferien; AS 2003 1370

1

SR 101

2 BBl

1999 6128

3 SR

220

4 SR

220

823.20

Arbeitsmarkt und Arbeitsbeschaffung 2

823.20

d. Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz; e. Schutz von Schwangeren, Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen; f.

Nichtdiskriminierung, namentlich Gleichbehandlung von Frau und Mann.

2

Sind im Zusammenhang mit der Gewährung von Ferienansprüchen und Kinderzulagen Beiträge an Ausgleichskassen oder vergleichbare Einrichtungen durch allgemein verbindliche Gesamtarbeitsverträge vorgesehen, so gelten diese Bestimmungen auch für Arbeitgeber, welche Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, sofern das Land, in dem der Entsender seinen Sitz hat, eine gleiche Regelung kennt.

Diese Bestimmung gilt nicht, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass er Beiträge an eine solche Einrichtung im Staat seines Sitzes leistet.

3

Die im Zusammenhang mit der Entsendung gewährten Entschädigungen gelten als Lohnbestandteil, sofern sie keinen Ersatz für tatsächlich getätigte Aufwendungen wie solche für Reise, Verpflegung und Unterkunft darstellen.

4

Die minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen müssen für die ganze Dauer des Einsatzes eingehalten werden.

5

Der Bundesrat kann Bestimmungen erlassen, wonach der ausländische Arbeitgeber nachweisen muss, dass er die Sozialabgaben entrichtet.


Art. 3

Unterkunft Der Arbeitgeber muss den entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine Unterkunft garantieren, die dem üblichen Standard bezüglich Hygiene und Komfort genügt. Die Abzüge für Unterkunft und Verpflegung dürfen das ortsübliche Mass nicht übersteigen.


Art. 4

Ausnahmen 1 Die Mindestvorschriften für die Entlöhnung und die Ferien gelten nicht für: a. Arbeiten von geringem Umfang; b. Montage oder erstmaligen Einbau, wenn die Arbeiten weniger als acht Tage dauern und Bestandteil eines Warenlieferungsvertrages bilden.

2

Der Bundesrat legt die Kriterien zur Bestimmung der Arbeiten nach Absatz 1 fest.

Der Umfang bemisst sich nach Art, Dauer und Häufigkeit der Einsätze sowie Zahl der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. 3 Die Bereiche des Bauhaupt- und des Baunebengewerbes sowie des Hotel- und Gastgewerbes sind von Absatz 1 ausgenommen. Der Bundesrat kann weitere Branchen von Absatz 1 ausnehmen.


Art. 5

Subunternehmer 1 Werden die Arbeiten von Subunternehmern mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland ausgeführt, so muss der Erstunternehmer, wie beispielsweise Total-, General- oder Hauptunternehmer, die Subunternehmer vertraglich verpflichten, dieses Gesetz einzuhalten.

In die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - BG 3

823.20

2

Fehlt eine solche Verpflichtung, so kann der Erstunternehmer für Verstösse von Subunternehmern gegen dieses Gesetz mit den Sanktionen nach Artikel 9 belegt werden; der Erstunternehmer haftet zudem zivilrechtlich für die Nichteinhaltung der Mindestbedingungen nach Artikel 2. Erstunternehmer und Subunternehmer haften in diesem Fall solidarisch.


Art. 6

Meldung 1

Vor Beginn des Einsatzes hat der Arbeitgeber der zuständigen kantonalen Behörde nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d schriftlich und in der Amtssprache des Einsatzortes zu melden: a. Zahl und Namen der entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; b. Datum des Arbeitsbeginns und voraussichtliche Dauer der Arbeiten; c. Art der auszuführenden Arbeiten; d. den genauen Ort, an dem die Arbeiten ausgeführt werden.

2

Der Arbeitgeber hat der Meldung nach Absatz 1 die Erklärung beizulegen, dass er von den Bedingungen nach den Artikeln 2 und 3 Kenntnis genommen hat und sich verpflichtet, sie einzuhalten.

3

Der Bundesrat bezeichnet die Fälle, in denen von der Meldung abgesehen werden kann.


Art. 7

Kontrolle 1 Die Einhaltung der Anforderungen nach diesem Gesetz wird kontrolliert: a. bezüglich der Bestimmungen eines allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrags: von den mit der Durchsetzung des Gesamtarbeitsvertrages betrauten paritätischen Organen;

b. bezüglich der Bestimmungen eines Normalarbeitsvertrages über Minimallöhne im Sinne von Artikel 360a OR5: von den durch die Kantone oder den Bund eingesetzten tripartiten Kommissionen (Art. 360b OR);

c. bezüglich der Bestimmungen von Bundeserlassen: von den nach diesen Erlassen zuständigen Behörden;

d. bezüglich der andern Bestimmungen: von den durch die Kantone bezeichneten Behörden.

2

Der Arbeitgeber muss den Organen nach Absatz 1 auf Verlangen alle Dokumente zustellen, welche die Einhaltung der Arbeits- und Lohnbedingungen der entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer belegen. Die Dokumente müssen in einer Amtssprache vorgelegt werden.

3

Sind die notwendigen Dokumente nicht oder nicht mehr vorhanden, so hat der Arbeitgeber das Einhalten der gesetzlichen Bestimmungen zu beweisen, sofern er 5

SR 220

Arbeitsmarkt und Arbeitsbeschaffung 4

823.20

nicht den Nachweis zu erbringen vermag, dass ihn am Verlust der Unterlagen kein Verschulden trifft.

4

Der Arbeitgeber muss den Kontrollorganen jederzeit freien Zutritt zum Arbeitsplatz und den Verwaltungsräumen gewähren.

5

Bundesrat und Kantone regeln die Entschädigung der Organe, die mit der Kontrolle der Gesetzesanwendung betraut sind.


Art. 8

Zusammenarbeit 1 Die Kontrollorgane nach Artikel 7 koordinieren ihre Tätigkeiten und arbeiten zusammen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgabe notwendig ist.

2

Sie tauschen untereinander die erforderlichen Auskünfte und Unterlagen aus.

3

Die zuständigen Behörden können mit den Behörden anderer Länder zusammenarbeiten, um über die grenzüberschreitende Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Informationen auszutauschen, die Verstösse gegen dieses Gesetz verhindern.


Art. 9

Sanktionen 1 Die Kontrollorgane melden jeden Verstoss gegen dieses Gesetz der zuständigen kantonalen Behörde.

2

Die zuständige kantonale Behörde nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d kann: a. bei geringfügigen Verstössen gegen Artikel 2 und bei Verstössen gegen die Artikel 3 und 6 eine Verwaltungsbusse bis 5000 Franken aussprechen; Artikel 7 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 19746 ist anwendbar; b. bei Verstössen gegen Artikel 2, die nicht geringfügig sind, dem betreffenden Arbeitgeber verbieten, während ein bis fünf Jahren in der Schweiz seine Dienste anzubieten; c. dem fehlbaren Arbeitgeber die Kontrollkosten ganz oder teilweise auferlegen.

3

Die Behörde, die eine Sanktion ausspricht, stellt der zuständigen Bundesbehörde7 eine Kopie ihres Entscheides zu. Diese führt eine Liste der Arbeitgeber, die Gegenstand einer rechtskräftigen Sanktion gewesen sind.


Art. 10

Rechtsmittel Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz vom
20. Dezember 19688 und nach dem Bundesrechtspflegegesetz vom 15. Januar 19929.

6 SR

313.0

7 Gegenwärtig

Staaatssekretariat für Wirtschaft (seco) 8 SR

172.021

9 SR

173.110

In die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - BG 5

823.20


Art. 11

Klagerecht

Die Organisationen, die nach ihren Statuten die sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber wahren, haben ein selbstständiges Klagerecht auf Feststellung einer Verletzung dieses Gesetzes.


Art. 12

Strafbestimmungen 1 Mit Busse bis zu 40 000 Franken wird bestraft, sofern nicht ein mit höherer Strafe bedrohtes Vergehen des Strafgesetzbuches10 vorliegt, wer: a. in Verletzung der Auskunftspflicht wissentlich falsche Auskünfte erteilt oder die Auskunft verweigert; b. sich der Kontrolle der zuständigen Behörde widersetzt oder in irgendeiner Weise die Kontrolle verunmöglicht.

2

In leichten Fällen kann die Behörde von einer Strafverfolgung absehen.

3

Mit Busse bis zu 1 000 000 Franken wird bestraft, sofern nicht ein mit höherer Strafe bedrohtes Verbrechen oder Vergehen des Strafgesetzbuches vorliegt, wer in seiner Funktion als Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer die in Artikel 2 genannten Mindestbedingungen systematisch und in gewinnsüchtiger Absicht nicht garantiert.

4

Artikel 59 des Strafgesetzbuchs ist anwendbar.


Art. 13

Strafverfolgung Strafbare Handlungen gegen dieses Gesetz werden von den Kantonen verfolgt und
beurteilt.


Art. 14

Aufsicht über den Vollzug Die zuständige Bundesbehörde11 beaufsichtigt den Vollzug dieses Gesetzes. Sie kann den Kontrollorganen nach Artikel 7 Weisungen erteilen.


Art. 15

Referendum und Inkrafttreten 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten dieses Gesetzes; es gilt so lange das Abkommen vom 21. Juni 199912 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit in Kraft ist.

10 SR

311.0

11 Gegenwärtig Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) 12 SR

0.142.112.681

Arbeitsmarkt und Arbeitsbeschaffung 6

823.20

Datum des Inkrafttretens:13 Anhang Ziff. 2 (Art. 360b und 360c OR): 1. Juni 2003 alle übrigen Bestimmungen: 1. Juni 2004

13 BRB vom 14. Mai 2003 (AS 2003 1375)

In die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - BG 7

823.20

Anhang

Änderung bisherigen Rechts Die nachstehenden Erlasse werden wie folgt geändert: 1. Bundesgesetz vom 18. Dezember 198714 über das Internationale Privatrecht Ingress ...


Art. 115
Absatz 3
...

2. Obligationenrecht15 Art.

360a

...


Art. 360b

...

Art.

360c

...

Art.

360d

...

Art.

360e

...


Art. 360f

...

14 SR 291. Die hiernach aufgeführten Änd. sind eingefügt im genannten BG.

15 SR

220. Die hiernach aufgeführten Änd. sind eingefügt im genannten BG.

Arbeitsmarkt und Arbeitsbeschaffung 8

823.20

3. Bundesgesetz vom 28. September 195616 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen Ingress ...

Art.

1a

...

...


Art. 20
Abs. 2
...

16 SR

221.215.311. Die hiernach aufgeführten Änd. sind eingefügt im genannten BG.