23.01.2023 - * / In Kraft
01.03.2021 - 22.01.2023
01.01.2017 - 28.02.2021
01.01.2011 - 31.12.2016
01.06.2009 - 31.12.2010
01.01.2007 - 31.05.2009
01.04.2006 - 31.12.2006
01.08.2002 - 31.03.2006
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1

Bundesgesetz
über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte
(Anwaltsgesetz, BGFA)
vom 23. Juni 2000 (Stand am 7. Mai 2002) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 95 der Bundesverfassung1,
in Ausführung des Abkommens vom 21. Juni 19992 zwischen der Schweizerischen
Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft sowie ihren
Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 28. April 19993, beschliesst:

1. Abschnitt: Allgemeines

Art. 1

Gegenstand

Dieses Gesetz gewährleistet die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte und
legt die Grundsätze für die Ausübung des Anwaltsberufs in der Schweiz fest.


Art. 2

Persönlicher Geltungsbereich 1 Dieses Gesetz gilt für Personen, die über ein Anwaltspatent verfügen und in der
Schweiz im Rahmen des Anwaltsmonopols Parteien vor Gerichtsbehörden vertreten.

2 Es bestimmt die Modalitäten für die Vertretung von Parteien vor Gerichtsbehörden
durch Anwältinnen und Anwälte, die Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der
Europäischen Union (EU) sind.

3 Diese Modalitäten gelten auch für Schweizerinnen und Schweizer, die berechtigt
sind, den Anwaltsberuf unter einer der im Anhang aufgeführten Berufsbezeichnungen in einem Mitgliedstaat der EU auszuüben.


Art. 3

Verhältnis zum kantonalen Recht 1 Das Recht der Kantone, im Rahmen dieses Gesetzes die Anforderungen für den
Erwerb des Anwaltspatentes festzulegen, bleibt gewahrt.

2 Das Gleiche gilt für das Recht der Kantone, Inhaberinnen und Inhaber ihres kantonalen Anwaltspatentes vor den eigenen Gerichtsbehörden Parteien vertreten zu
lassen.

AS 2002 863

1 SR

101

2

SR 0.142.112.681; BBl 1999 7027 3

BBl 1999 6013 935.61

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2. Abschnitt:
Interkantonale Freizügigkeit und kantonales Anwaltsregister


Art. 4

Grundsatz der interkantonalen Freizügigkeit Anwältinnen und Anwälte, die in einem kantonalen Anwaltsregister eingetragen
sind, können in der Schweiz ohne weitere Bewilligung Parteien vor Gerichtsbehörden vertreten.


Art. 5

Kantonales Anwaltsregister 1 Jeder Kanton führt ein Register der Anwältinnen und Anwälte, die über eine Geschäftsadresse auf dem Kantonsgebiet verfügen und die Voraussetzungen nach den
Artikeln 7 und 8 erfüllen.

2 Das Register enthält folgende persönliche Daten: a.

den Namen, den Vornamen, das Geburtsdatum und den Heimatort oder die
Staatsangehörigkeit;

b.

eine Kopie des Anwaltspatents; c.

die Bescheinigungen, welche belegen, dass die Voraussetzungen nach
Artikel 8 erfüllt sind; d.

die Geschäftsadressen sowie gegebenenfalls den Namen des Anwaltsbüros; e.

die nicht gelöschten Disziplinarmassnahmen.

3 Es wird von der kantonalen Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte
geführt.


Art. 6

Eintragung ins Register 1 Anwältinnen und Anwälte, die über ein kantonales Anwaltspatent verfügen und
Parteien vor Gerichtsbehörden vertreten wollen, lassen sich ins Register des Kantons
eintragen, in dem sie ihre Geschäftsadresse haben.

2 Die Aufsichtsbehörde trägt sie ein, wenn sie festgestellt hat, dass die Voraussetzungen nach den Artikeln 7 und 8 erfüllt sind.

3 Sie veröffentlicht die Eintragung in einem amtlichen kantonalen Publikationsorgan.

4 Gegen Eintragungen ins kantonale Register steht das Beschwerderecht auch dem
Anwaltsverband des betroffenen Kantons zu.


Art. 7

Fachliche Voraussetzungen 1 Für den Registereintrag müssen die Anwältinnen und Anwälte über ein Anwaltspatent verfügen, das auf Grund folgender Voraussetzungen erteilt wurde: a.

ein juristisches Studium, das mit einem Lizentiat einer schweizerischen
Hochschule oder einem gleichwertigen Hochschuldiplom eines Staates

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abgeschlossen wurde, der mit der Schweiz die gegenseitige Anerkennung
vereinbart hat;

b.

ein mindestens einjähriges Praktikum in der Schweiz, das mit einem Examen
über die theoretischen und praktischen juristischen Kenntnisse abgeschlossen wurde.

2 Kantone, in denen Italienisch Amtssprache ist, können ein dem Lizentiat gleichwertiges ausländisches Diplom anerkennen, das in italienischer Sprache erlangt
worden ist.


Art. 8

Persönliche Voraussetzungen 1 Für den Registereintrag müssen die Anwältinnen und Anwälte folgende persönliche Voraussetzungen erfüllen: a.

sie müssen handlungsfähig sein; b.

es darf keine strafrechtliche Verurteilung vorliegen wegen Handlungen, die
mit dem Anwaltsberuf nicht zu vereinbaren sind und deren Eintrag im Strafregister nicht gelöscht ist; c.

es dürfen gegen sie keine Verlustscheine bestehen; d.

sie müssen in der Lage sein, den Anwaltsberuf unabhängig auszuüben; sie
können Angestellte nur von Personen sein, die ihrerseits in einem kantonalen Register eingetragen sind.

2 Anwältinnen und Anwälte, die bei anerkannten gemeinnützigen Organisationen
angestellt sind, können sich ins Register eintragen lassen, sofern die Voraussetzungen nach Absatz 1 Buchstaben a-c erfüllt sind und sich die Tätigkeit der Parteivertretung strikte auf Mandate im Rahmen des von der betroffenen Organisation verfolgten Zwecks beschränkt.


Art. 9

Löschung des Registereintrags Anwältinnen und Anwälte, die eine der Voraussetzungen für den Registereintrag
nicht mehr erfüllen, werden im Register gelöscht.


Art. 10

Einsicht in das Register 1 Einsicht in das Register erhalten: a.

die eidgenössischen und kantonalen Gerichts- und Verwaltungsbehörden,
vor denen die Anwältinnen und Anwälte auftreten; b.

die Gerichts- und Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten der EU, vor denen die im Register eingetragenen Anwältinnen und Anwälte auftreten; c.

die kantonalen Aufsichtsbehörden über die Anwältinnen und Anwälte; d.

die Anwältinnen und Anwälte in Bezug auf ihren Eintrag.

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2 Jede Person hat ein Recht auf Auskunft, ob eine Anwältin oder ein Anwalt im Register eingetragen ist und ob gegen sie oder ihn ein Berufsausübungsverbot verhängt
ist.


Art. 11

Berufsbezeichnung

1 Anwältinnen und Anwälte verwenden diejenige Berufsbezeichnung, die ihnen mit
ihrem Anwaltspatent erteilt worden ist, oder eine gleichwertige Berufsbezeichnung
des Kantons, in dessen Register sie eingetragen sind.

2 Im Geschäftsverkehr geben sie ihren Eintrag in einem kantonalen Register an.

3. Abschnitt: Berufsregeln und Disziplinaraufsicht

Art. 12

Berufsregeln

Für Anwältinnen und Anwälte gelten folgende Berufsregeln: a.

Sie üben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft aus.

b.

Sie üben ihren Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung aus.

c.

Sie meiden jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und
den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.

d.

Sie können Werbung machen, solange diese objektiv bleibt und solange sie
dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht.

e.

Sie dürfen vor Beendigung eines Rechtsstreits mit der Klientin oder dem
Klienten keine Vereinbarung über die Beteiligung am Prozessgewinn als Ersatz für das Honorar abschliessen; sie dürfen sich auch nicht dazu verpflichten, im Falle eines ungünstigen Abschlusses des Verfahrens auf das
Honorar zu verzichten.

f.

Sie haben eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und
des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, abzuschliessen.

g.

Sie sind verpflichtet, in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind,
amtliche Pflichtverteidigungen und im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege Rechtsvertretungen zu übernehmen.

h.

Sie bewahren die ihnen anvertrauten Vermögenswerte getrennt von ihrem
eigenen Vermögen auf.

i.

Sie klären ihre Klientschaft bei Übernahme des Mandates über die Grundsätze ihrer Rechnungsstellung auf und informieren sie periodisch oder auf
Verlangen über die Höhe des geschuldeten Honorars.

j.

Sie teilen der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten
im Register mit.

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Art. 13

Berufsgeheimnis

1 Anwältinnen und Anwälte unterstehen zeitlich unbegrenzt und gegenüber jedermann dem Berufsgeheimnis über alles, was ihnen infolge ihres Berufes von ihrer
Klientschaft anvertraut worden ist. Die Entbindung verpflichtet sie nicht zur Preisgabe von Anvertrautem.

2 Sie sorgen für die Wahrung des Berufsgeheimnisses durch ihre Hilfspersonen.


Art. 14

Kantonale Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte Jeder Kanton bezeichnet eine Behörde, welche die Anwältinnen und Anwälte beaufsichtigt, die auf seinem Gebiet Parteien vor Gerichtsbehörden vertreten.


Art. 15

Meldepflicht

1 Die kantonalen Gerichts- und Verwaltungsbehörden melden der Aufsichtsbehörde
ihres Kantons unverzüglich Vorfälle, welche die Berufsregeln verletzen könnten.

2 Die eidgenössischen Gerichts- und Verwaltungsbehörden melden der Aufsichtsbehörde des Kantons, in dem eine Anwältin oder ein Anwalt eingetragen ist, unverzüglich Vorfälle, welche die Berufsregeln verletzen könnten.


Art. 16

Disziplinarverfahren in einem anderen Kanton 1 Eröffnet eine Aufsichtsbehörde ein Disziplinarverfahren gegen Anwältinnen oder
Anwälte, die nicht im Register dieses Kantons eingetragen sind, so informiert sie die
Aufsichtsbehörde des Kantons, in dessen Register sie eingetragen sind.

2 Beabsichtigt sie, eine Disziplinarmassnahme anzuordnen, so räumt sie der Aufsichtsbehörde des Kantons, in dessen Register die Anwältin oder der Anwalt eingetragen ist, die Möglichkeit ein, zum Ergebnis der Untersuchung Stellung zu nehmen.

3 Das Ergebnis des Disziplinarverfahrens ist der Aufsichtsbehörde des Kantons mitzuteilen, in dessen Register die Anwältin oder der Anwalt eingetragen ist.


Art. 17

Disziplinarmassnahmen 1 Bei Verletzung dieses Gesetzes kann die Aufsichtsbehörde folgende Disziplinarmassnahmen anordnen: a.

eine Verwarnung;

b.

einen Verweis;

c.

eine Busse bis zu 20 000 Franken; d.

ein befristetes Berufsausübungsverbot für längstens zwei Jahre; e.

ein dauerndes Berufsausübungsverbot.

2 Eine Busse kann zusätzlich zu einem Berufsausübungsverbot angeordnet werden.

3 Nötigenfalls kann die Aufsichtsbehörde die Berufsausübung vorsorglich verbieten.

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Art. 18

Geltung des Berufsausübungsverbots 1 Ein Berufsausübungsverbot gilt auf dem gesamten Gebiet der Schweiz.

2 Es wird den Aufsichtsbehörden der übrigen Kantone mitgeteilt.


Art. 19

Verjährung

1 Die disziplinarische Verfolgung verjährt ein Jahr, nachdem die Aufsichtsbehörde
vom beanstandeten Vorfall Kenntnis hatte.

2 Die Frist wird durch jede Untersuchungshandlung der Aufsichtsbehörde unterbrochen.

3 Die disziplinarische Verfolgung verjährt in jedem Fall zehn Jahre nach dem beanstandeten Vorfall.

4 Stellt die Verletzung der Berufsregeln eine strafbare Handlung dar, gilt die vom
Strafrecht vorgesehene längere Verjährungsfrist.


Art. 20

Löschung der Disziplinarmassnahmen 1 Verwarnungen, Verweise und Bussen werden fünf Jahre nach ihrer Anordnung im
Register gelöscht.

2 Ein befristetes Berufsausübungsverbot wird zehn Jahre nach seiner Aufhebung im
Register gelöscht.

4. Abschnitt:
Ausübung des Anwaltsberufs im freien Dienstleistungsverkehr
durch Anwältinnen und Anwälte aus Mitgliedstaaten der EU


Art. 21

Grundsätze

1 Angehörige von Mitgliedstaaten der EU, die berechtigt sind, den Anwaltsberuf in
ihrem Herkunftsstaat unter einer der im Anhang aufgeführten Berufsbezeichnungen
auszuüben, können im freien Dienstleistungsverkehr in der Schweiz Parteien vor
Gerichtsbehörden vertreten.

2 Die dienstleistungserbringenden Anwältinnen und Anwälte werden nicht in die
kantonalen Anwaltsregister eingetragen.


Art. 22

Nachweis der Anwaltsqualifikation Die eidgenössischen und kantonalen Gerichtsbehörden, vor denen die dienstleistungserbringenden Anwältinnen und Anwälte auftreten, sowie die Aufsichtsbehörden über die Anwältinnen und Anwälte können verlangen, dass diese ihre Anwaltsqualifikation nachweisen.

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Art. 23

Verpflichtung zur Handlung im Einvernehmen mit einer
eingetragenen Anwältin oder einem eingetragenen Anwalt Besteht für ein Verfahren Anwaltszwang, so sind die dienstleistungserbringenden
Anwältinnen und Anwälte verpflichtet, im Einvernehmen mit einer Anwältin oder
einem Anwalt zu handeln, die oder der in einem kantonalen Anwaltsregister eingetragen ist.


Art. 24

Berufsbezeichnung

Die dienstleistungserbringenden Anwältinnen und Anwälte verwenden ihre
ursprüngliche Berufsbezeichnung in der Amtssprache ihres Herkunftsstaats unter
Angabe der Berufsorganisation, deren Zuständigkeit sie unterliegen, oder des Gerichts, bei dem sie nach den Vorschriften dieses Staats zugelassen sind.


Art. 25

Berufsregeln

Für die dienstleistungserbringenden Anwältinnen und Anwälte gelten die Berufsregeln nach Artikel 12 mit Ausnahme der Bestimmungen betreffend die amtliche
Pflichtverteidigung und die unentgeltliche Rechtsvertretung (Bst. g) sowie den Registereintrag (Bst. j).


Art. 26

Information über Disziplinarmassnahmen Die Aufsichtsbehörde informiert die zuständige Stelle des Herkunftsstaats über Disziplinarmassnahmen, die sie gegenüber dienstleistungserbringenden Anwältinnen
und Anwälten anordnet.

5. Abschnitt:
Ständige Ausübung des Anwaltsberufs durch Anwältinnen und
Anwälte aus Mitgliedstaaten der EU unter ihrer ursprünglichen
Berufsbezeichnung


Art. 27

Grundsätze

1 Angehörige von Mitgliedstaaten der EU, die berechtigt sind, den Anwaltsberuf in
ihrem Herkunftsstaat unter einer der im Anhang aufgeführten Berufsbezeichnungen
auszuüben, können in der Schweiz ständig Parteien vor Gerichtsbehörden vertreten,
wenn sie bei einer kantonalen Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte
eingetragen sind.

2 Die Artikel 23-25 gelten für diese Anwältinnen und Anwälte ebenfalls.


Art. 28

Eintragung bei der Aufsichtsbehörde 1 Die Aufsichtsbehörde führt eine öffentliche Liste der Angehörigen von Mitgliedstaaten der EU, die in der Schweiz unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung
ständig Parteien vor Gerichtsbehörden vertreten dürfen.

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2 Die Anwältinnen und Anwälte tragen sich bei der Aufsichtsbehörde des Kantons
ein, in dem sie eine Geschäftsadresse haben. Sie weisen ihre Anwaltsqualifikation
mit einer Bescheinigung über ihre Eintragung bei der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats nach; diese Bescheinigung darf nicht älter als drei Monate sein.

3 Die Aufsichtsbehörde informiert die zuständige Stelle des Herkunftsstaats über die
Eintragung in die Liste.


Art. 29

Zusammenarbeit mit der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats 1 Bevor die Aufsichtsbehörde ein Disziplinarverfahren gegen Angehörige von Mitgliedstaaten der EU einleitet, die in der Schweiz ständig Parteien vor Gerichtsbehörden vertreten, informiert sie die zuständige Stelle des Herkunftsstaats.

2 Die Aufsichtsbehörde arbeitet mit der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats während des Disziplinarverfahrens zusammen und gibt ihr insbesondere die Möglichkeit
zur Stellungnahme.

6. Abschnitt:
Eintragung von Anwältinnen und Anwälten aus Mitgliedstaaten
der EU in ein kantonales Anwaltsregister


Art. 30

Grundsätze

1 Angehörige von Mitgliedstaaten der EU können sich, ohne dass sie die Voraussetzungen nach Artikel 7 Buchstabe b erfüllen, in ein kantonales Anwaltsregister eintragen lassen, wenn sie: a.

eine Eignungsprüfung bestanden haben (Art. 31); oder b.

während mindestens drei Jahren in der Liste der unter ihrer ursprünglichen
Berufsbezeichnung tätigen Anwältinnen und Anwälte eingetragen waren und
nachweisen, dass sie:
1.

während dieser Zeit effektiv und regelmässig im schweizerischen Recht
tätig waren, oder

2.

im schweizerischen Recht während eines kürzeren Zeitraums tätig waren und sich in einem Gespräch über ihre beruflichen Fähigkeiten ausgewiesen haben (Art. 32).

2 Sie haben damit die gleichen Rechte und Pflichten wie die Anwältinnen und Anwälte, die über ein kantonales Anwaltspatent verfügen und in einem kantonalen Anwaltsregister eingetragen sind.


Art. 31

Eignungsprüfung

1 Zur Eignungsprüfung zugelassen werden Angehörige von Mitgliedstaaten der EU,
wenn sie:

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a.

ein mindestens dreijähriges Studium an einer Hochschule absolviert und gegebenenfalls die über das Studium hinaus erforderliche berufliche Ausbildung abgeschlossen haben; und b.

über ein Diplom verfügen, das sie zur Ausübung des Anwaltsberufs in einem
Mitgliedstaat der EU berechtigt.

2 Die Anwältinnen und Anwälte müssen die Eignungsprüfung vor der Anwaltsprüfungskommission des Kantons ablegen, in dessen Register sie sich eintragen lassen
wollen.

3 Die Eignungsprüfung erstreckt sich über Sachgebiete, die Gegenstand der kantonalen Anwaltsprüfung sind und die sich wesentlich von denjenigen unterscheiden,
die im Rahmen der Ausbildung in ihrem Herkunftsstaat bereits geprüft worden sind.
Ihr Inhalt bestimmt sich auch nach der Berufserfahrung der Anwältinnen und Anwälte.

4 Die Eignungsprüfung kann zweimal wiederholt werden.


Art. 32

Gespräch zur Prüfung der beruflichen Fähigkeiten 1 Das Gespräch zur Prüfung der beruflichen Fähigkeiten wird von der Anwaltsprüfungskommission des Kantons geführt, in dessen Register die Anwältin oder der
Anwalt sich eintragen lassen will.

2 Sie stützt sich namentlich auf die von der Anwältin oder dem Anwalt vorgelegten
Informationen und Unterlagen über die in der Schweiz ausgeübten Tätigkeiten.

3 Sie berücksichtigt die Kenntnisse und die Berufserfahrung der Anwältin oder des
Anwalts im schweizerischen Recht, ferner die Teilnahme an Kursen und Seminaren
über das schweizerische Recht.


Art. 33

Berufsbezeichnung

Die Anwältinnen und Anwälte können neben der Berufsbezeichnung des Kantons,
in dessen Register sie eingetragen sind, auch ihre ursprüngliche Berufsbezeichnung
verwenden.

7. Abschnitt: Verfahren

Art. 34

1 Die Kantone regeln das Verfahren.

2 Sie sehen für die Prüfung der Voraussetzungen für die Eintragung ins kantonale
Anwaltsregister ein einfaches und rasches Verfahren vor.

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8. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 35

Änderung bisherigen Rechts Das Bundesrechtspflegegesetz vom 16. Dezember 19434 wird wie folgt geändert: Ingress

...


Art. 29
Abs. 2
...


Art. 29
Abs. 3
Aufgehoben


Art. 36

Übergangsrecht

Personen, die auf Grund bisherigen kantonalen Rechts über ein Anwaltspatent verfügen, sind ins kantonale Anwaltsregister einzutragen, sofern sie in den anderen
Kantonen nach Artikel 196 Ziffer 5 der Bundesverfassung eine Berufsausübungsbewilligung erhalten hätten.


Art. 37

Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten. Artikel 2 Absätze 2 und 3 und
Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b sowie die Abschnitte 4, 5 und 6 treten nur im Falle
des Inkrafttretens des Abkommens vom 21. Juni 19995 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft sowie ihren
Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit in Kraft.

Datum des Inkrafttretens: 1. Juni 20026 4

SR 173.110. Die hiernach aufgeführten Änd. sind eingefügt im genannten BG.

5

SR 0.142.112.681; BBl 1999 7027 6

BRB vom 24. April 2002 (AS 2002 872)

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Anhang

(Art. 21 Abs. 1 und 27 Abs. 1) Liste der Berufsbezeichnungen
nach den Richtlinien 77/249/EWG und 98/5/EG
Belgien:

Avocat/Advocaat/Rechtsanwalt Dänemark:

Advokat

Deutschland:

Rechtsanwalt

Griechenland:

∆ικηγορος Spanien:

Abogado/Advocat/Avogado/Abokatu Frankreich:

Avocat

Irland:

Barrister, Solicitor Italien:

Avvocato

Luxemburg:

Avocat

Niederlande:

Advocaat

Österreich:

Rechtsanwalt

Portugal:

Advogado

Finnland:

Asianajaja/Advokat

Schweden:

Advokat

Vereinigtes Königreich: Advocate/Barrister/Solicitor

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